Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

2009-12-01

Frage: Warum geht es bei dem Verbot der Minarette in der Schweiz?

Abu Bakr Rieger: Ab sofort ist bei dem Neubau von Moscheen der Bau von Minaretten verboten. Die Schweiz hat praktisch per Volksabstimmung über die Religionsfreiheit entscheiden lassen. Das ist natürlich ein Skandal. Die Mehrheit wurde einfach befragt, wie die Minderheit ihre Religion auszuüben hat. De facto hat die Schweiz damit ein europäisches „Ausnahmerecht“ im Umgang mit Minderheiten etabliert. Inzwischen wird die Schweiz von der UN und der OSCE auf den Bruch des Rechtes hingewiesen.

Frage: Wer steht hinter der Kampagne?

Abu Bakr Rieger: In der Schweiz ist die rechte Sammelbewegung „SVP“ engagiert. Der Anführer der SVP, Christoph Blocher, ist ein Milliardär. Schon länger arbeiten rechte Gruppierungen in Europa gegen den Islam. Das „Minarettverbot“ wird inzwischen auch von anderen rechten Parteien Europas begrüßt. Diese Parteien versuchen nun, die europäische Bevölkerung auf anti-islamischen Kurs zu bringen. Ihr historisch falsches Argument ist, dass der Islam eine fremde und gefährliche Immmigrantenreligion sei.

Frage: Ist diese Entwicklung gefährlich für die europäischen Muslime?

Abu Bakr Rieger: Ja, das ist durchaus der Fall. Die konservativen Kreise und Parteien und Europas sind in einer tiefen Identitätskrise. Sie versuchen durch die Gegnerschaft mit dem Islam, eigenes Profil zu gewinnen. In Zeiten wirtschaftlicher Probleme könnte hier schnell ein neuer Rassismus entstehen. Die Strategie ist klar: Der Islam wird immer wieder mit Straftaten und Verbrechen assoziiert.

Frage: Was bedeutet diese Entwicklung für die europäischen Immigranten?

Abu Bakr Rieger: Natürlich vermischt sich hier die alte Ausländerfeindlichkeit mit dem Ressentiment gegen den Islam. Viele Türken und Araber, vor allem auch Frauen, werden in der Öffentlichkeit abfällig betrachtet. Die Gegner des Islam negieren aber auch bewusst den Umstand, dass eine neue Generation von Muslimen in Europa geboren ist. Diese Muslime sind in ihrer großen Mehrheit gut integriert und sprechen europäische Sprachen. Diese europäischen Muslime sind keine Einwanderer mehr, sondern natürlich gleichberechtigte europäische BügerInnen. Wer dies verneint, schafft einen neuen europäischen Rassismus.

Frage: Was können Muslime tun?

Abu Bakr Rieger: Wir müssen als europäische Muslime nun solidarisch zusammenhalten. EMU stellt dabei eine europaweite Vernetzung sicher. Wir Muslime sind längst ein wichtiger Teil Europas. Der Islam ist kulturell anpassungsfähig und leistet einen wichtigen Beitrag für eine grenzenlose europäische Kultur. Geistig ist der Islam längst für viele Europäer eine faszinierende Lebenspraxis. Wir wissen, dass – trotzt aller Propaganda – die meisten Europäer Respekt und Hochachtung gegenüber dem Islam haben. Daran kann auch die neue „Rechte“ wenig ändern.