Deutschland gilt als Heimat und Ursprung der grün-politischen Bewegung. Dachte ich zumindest. Im Nationalmuseum Kasachstans in Almaty finden sich handgeschriebene Flugblätter aus den 1950er Jahren, die in kasachischer Sprache gegen die sowjetischen Nukleartests in der Gegend protestieren. Das Aufbegehren der Muslime war natürlich hochgefährlich und eine politische Bewegung konnte sich unter den diktatorischen Verhältnissen nie entwickeln.
In Deutschland nahm die grüne Bewegung dagegen ungehindert Fahrt auf. Am Kaiserstuhl zum Beispiel hatte in den 1970er Jahren eine ganze Region mit den Füßen abgestimmt und gegen das geplante Atomkraftwerk Wyhl aufbegehrt. Das Projekt wurde sogar verhindert. Die Bürgerinitiative musste aber dann später den Bau eines Atommeilers in Fessenheim – auf der anderen, französischen Rheinseite – hinnehmen. Der Reaktor läuft noch heute, gilt als extrem unsicher und gefährdet noch immer die „grünen“ Komfortzonen in der Universitätsstadt Freiburg.
Aus dem unmittelbaren Bürgerprotest dieser Tage entwickelten sich dann die Grünen als Partei. Ihre Philosophie wurde von der Idee getragen, „böse“ Technologien wie Atomkraft durch „gute“ Technologien wie „Photovoltaikanlagen“ zu ersetzen. In Freiburg hatte Martin Heidegger in seiner Schrift „Die Technik und die Kehre“ die moderne Technik im Ganzen als ein „Herausfordern der Schöpfung“ definiert. Das wir die Schöpfung immer wieder herausfordern, wird heute angesichts verschmutzter Meere und ökologischer Schicksalsfragen überdeutlich. Die Frage ist nur, mit welcher Macht die entfesselte Technik noch gemäßigt werden kann. Heidegger hatte darauf hingewiesen, dass nicht wir die Technik, sondern die Technik uns in der Hand hätte.
Die treibende Kraft hinter der „Unterwerfung“ der Erde ist zweifellos – wie schon Goethe im Faust beschrieb – die moderne Finanztechnologie. Die Möglichkeit endloser Kapitalgewinnung durch die Erfindung des Papiergeldes schuf ungeheure neue Machtmöglichkeiten. Das Vermögen, Geld zu drucken, wurde ein Versprechen der Macht, ein Politikum. Die Trennung von Geld und Ressourcen und die Schaffung des Geldes ohne Eigenwert war schlussendlich der magische Schlüssel zur Technisierung des ganzen Planeten. Erst die „imperiale“ Einführung von Banken in der islamischen Welt beendete die muslimischen Traditionen echten Geldes und fairen Handels.
Der Zusammenhang von Geld und Technik problematisierten auch die Grünen kaum. Ihre Wirtschaftspolitik blieb gegenüber den Banken und Zentralbanken eher bürgerlich brav. Grüne Politik lehrte zwar eine höhere Moral, aber die Forderung nach einer „Ethik“ der Geldproduktion blieb der Partei fremd. Heute stehen die ergrauten Grünen sogar vor der Hochzeit mit der CDU. Das grüne Aufbegehren könnte in den sicheren Hafen des bürgerlich-religiösen Establishment unseres Landes münden.
Es ist eine gute Idee, dass wir Muslime endlich den Umweltschutz als Thema entdecken. Allerdings: Ohne die Verknüpfung des Themas mit dem, was wir durch die Offenbarung wissen, muss die Debatte geradezu oberflächlich bleiben! Das Verbot von Riba und das Gebot freien Handels – bis hin zur Freiheit, unsere Zahlungsmittel selbst zu bestimmen – sind ja die entscheidenden Grundlagen, die den Sinn einer alternativen islamischen Ökonomie überhaupt erst bergen. Nur wer die Offenbarung nicht mehr ganzheitlich denken kann, wird die „Umwelt“ als einen von der Ökonomie getrennten Bezirk behandeln. Es bleibt dabei, ohne eine Mäßigung und ohne Begrenzung der Möglichkeiten zur Kapitalerhebung wird der Mensch die Schöpfung weiter herausfordern.