Unter dem Titel „Wir müssen die Macht der Wallstreet brechen“ interviewt der Schweizer Tagesanzeiger den früheren Währungsfonds-Chefökonom Simon Johnson. Johnson lehrt heute globale Ökonomie am Massachusetts Institute of Technologie und leitete 2007 bis 2008 die Forschungsabteilung des Internationalen Währungsfonds (IWF).
Es geht in dem Interview um das moderne Machtgefüge zwischen Regierung, Ökonomie und Medien. Die Stützen der Gesellschaft, die allesamt unter dem massiven Einfluß des Kapitals stehen. Johnson hat nicht nur jede Menge Insiderwissen, er denkt auch generell über das strukturelle Verhältnis von Ökonomie und Politik nach. Wer regiert wen?
Johnson glaubt, dass sich in den USA ein stiller „Coup“ ereignet hat. Die Wallstreet hat nach Ansicht des Wissenschaftlers Washington „gekapert“. Die Waffen der Bankenwelt sind dabei eher lautlos und subtil. Johnson berichtet über die Technik des „Coup de Banque“:
„Der Wallstreet ist es gelungen, Washington weiszumachen, dass alles, was gut für den Finanzsektor ist, auch gut fürs Land ist. Viele Beamte im Finanzministerium haben ja zunächst an der Wallstreet Karriere gemacht. Die Grossbanken bilden einen wichtigen Teil der politischen Klasse aus. So brauchen sie sich des Instruments der Bestechung gar nicht zu bedienen.“
Die Macht der Wall Street beweist sich an dem Umstand, dass sie genau so viel Geld vom Steuerzahler bekommt um gerettet, nicht aber verstaatlicht zu werden. Nur so ändert sich nichts an den Machtverhältnissen. Das Primat des Politischen bleibt damit in den modernen Industriestaaten weiter gefährdet.
„Die wichtigste Lehre der Krise sollte aber sein, dass wir den Banken keinen grossen politischen Einfluss mehr geben dürfen. Wir müssen die Macht der Wallstreet brechen“ fasst Johnson die Lage zusammen.