«Die zuvor nie erlebten Marktverhältnisse in diesem Quartal haben einige Schwächen in unserem Geschäftsmodell offenbart» (Deutsche Bank Chef Ackermann)
Das Verhältnis zwischen Politik und Banken ist beinahe traditionell eng. 1776 wurde ein englischer Bankier unter der Anschuldigung verhaftet, er habe König Georg III. entführen wollen. Die gegen ihn erhobene Anklage widerlegte er überzeugend mit den Worten: „Ich verstehe schon, daß ein König einen Bankier braucht. Ich wüßte aber wirklich nicht, was ein Bankier mit einem König anfangen sollte!“
Aber auch heute, wenn man die aktuelle Finanzkrise deuten will, ist das Verhältnis Politik-Banken entscheidend. Die ketzerische Frage ist übrigens einfach formuliert: Wer dient eigentlich wem? Jahrelang hatte die Politik den Banken freie Fahrt bei der Entwicklung irrationaler Geschäftsmodelle gegeben. Jetzt, wo die Fahrt in den ökonomischen Abgrund führen könnte, sorgt sich die Politik nicht nur über den drohenden Untergang, sie versucht ihn aktiv und um „jeden Preis“ zu verhindern. Damit dokumentieren die Politik und die Bankenwelt ihre Art tieferer Schicksalsgemeinschaft.
Die BügerInnen suchen relativ vergeblich nach politischen Alternativen und erleben in den wesentlichen Fragen immer mehr eine Ein-Parteienlandschaft. Beobachtet man die Umfragen, so überrascht die relative Folgenlosigkeit des ökonomischen Desasters nicht wirklich. Allerdings wächst die Zahl der Nicht-Wähler. Wie bei allen Krisen zuvor, integriert die Parteienlandschaft das neue Problem in eine flugs veränderte politische Rhetorik. Tom Strohschneider kommentiert diese Flexibilität auf Freitag-Online emotionslos: „Heute geht es um mehr, alles ist so furchtbar kompliziert und selbst die FDP spricht von schlimmen Auswüchsen des Kapitalismus. Was hat das Netzwerk Attac davon, es schon immer gewusst zu haben?“
Die Banken präsentieren derweilen die Rechnung in Form komplizierter Bilanzen und unter der Vermeidung des Zauberwortes: „Wir sind bankrott!“. Stattdessen fabuliert heute Deutsche Bank-Chef Ackermann über kleinere Probleme und grundsätzlich rosige Aussichten. Im Gegensatz zum kleinen Bankkunden, der seine finanziellen Verhältnisse weder schönen noch romantisieren darf, lebt die Bank auch von positiver Psychologie und von dem Fakt, dass die Bank – weder von den Medien noch von der Politik – kaum öffentlich zur Wahrheit gezwungen wird.
Lästige Erklärungen über die berühmten „Schrottpapiere“ der Bank tauchen daher nicht auf. Wer einfach rechnen kann, wird aber schon ein bisschen zweifeln. Die Deutsche Bank soll in ihren Bilanzen über alleine 727 Mrd. Euro Derivate verfügen. Viele dieser Papiere stammen aus dem alten Kasinobetrieb der Banken. „Vermögenswerte“ in Höhe von 92 Mrd. Euro bewertet die Deutsche Bank als sogenannte Level3 Assets – für sie gibt es „mangels Bewertbarkeit“ aber gar keinen Markt mehr. Der „Wert“ dieser Schrottpapiere übersteigt also die Marktkapitalisierung der Deutschen Bank um ein sechsfaches.
Auf „Börse ARD“ warnt der Finanzanalyst Dieter Hein vor dem magischen Spiel mit den riskanten Zukunftsaussichten der Bank: „Die Deutsche Bank weist schließlich eine Bilanzsumme aus von 2,1 Billionen Euro, aber nur Eigenkapital in Höhe von 35 Milliarden Euro. Das ist unter zwei Prozent. Wenn man dann noch in Betracht zieht, wie problematisch der Wert mancher Aktiva ist und man da nur fünf Prozent abschreiben müsste, dann wäre die Deutsche Bank gleich zwei mal pleite.“
Eine Nebelkerze zündet Ackermann, wenn es um das Verhältnis Bank-Politik geht. Gönnerhaft sagt das Oberhaupt der Bank „Wir müssen weder den Staat noch den Staatsfonds um Kapital bitten“, doch jeder weiß, dass die Bank die geplante Übernahme der Postbank nicht mehr selbst schultern kann und der Staat über die Deutsche Post durch die Hintertür einsteigt.
Wenn man genauer hinhört, klingt dann doch der Ernst der Lage an. In der Debatte um eine „Bad Bank“ für Risikopapiere der Finanzbranche hat sich Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann gegen eine zentrale nationale Lösung ausgesprochen. Die Begründung ist pragmatisch. „Ich bin nicht für eine nationale „Bad Bank“, weil die Größenordnung alle Dimensionen sprengen würde“, sagte Ackermann am Donnerstag in Frankfurt. Die Größenordnung sei mittlerweile so gewaltig, dass es sogar schwierig sei, das zentral aufzufangen.