„Islamische Konzepte unterscheiden sich vom Kapitalismus durch ihren Widerspruch zu exzessiver Anhäufung von Wohlstand. Sie sind aber auch im Gegensatz zum Sozialismus, weil das Recht auf Eigentum, inklusive des Eigentums auf Produktionsmittel, bestätigen. (Aus einem OCED-Bericht)
Was bleibt denn jetzt für die eigene Landesbank übrig, außer im internationalen Kasino mitzuspielen? (Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) im Deutschlandradio Kultur)
Eigentlich ist es eine alte These der Islamischen Zeitung: Die Welt sieht sich nach dem Siegeszug des entfesselten Kapitalismus einer enormen Machtverlagerung gegenüber. Es ist nicht der sogenannte Islamismus, sondern der schrankenlose Kapitalismus der die Demokratien heute weltweit bedroht. Die Prinzipien der Aufklärung versagen im ökonomischen Feld. Heute, in Zeiten verbreiteter Bankenkrisen und irrationaler Währungsspekulation sind diese Einsichten längst Gemeingut.
Die Politik ist angesichts der Casinostimmung in der Wirtschaft eher ratlos. Viele Redner auf dem letzten Davoser Weltwirtschaftsgipfgel forderten eher hilflos Reformen und eine schnelle Anpassung internationaler Organisationen. Faktisch hatte arabisches und chinesisches Geld zuvor einige westliche Großbanken vor dem Fall gerettet. Condoleezza Rice traf in Davos das eigentliche Dilemma der Politik in einem Nebensatz. Weltweit wachse das Gefühl, so Rice, „dass Globalisierung etwas ist, was uns passiert – nicht etwas, was wir kontrollieren“. Mit anderen Worten, die Politik agiere nicht, sie reagiere. Die dunkle Kluft von Rice ließ in diesem Moment an Trauerkleidung denken. Angesichts eines neuen Jahrhunderts gigantischer Kapitalflüsse blieb Rice nur die Formulierung von Durchhalteparolen: „Die US-Wirtschaft ist belastbar, ihre Struktur gesund. Sie wird ein treibender Motor weltweiten Wirtschaftswachstums bleiben.“
Die um sich greifende Finanzmarktkrise – ausgelöst durch die geplatzte Blase auf den US-amerikanischen Immoblienmärkten – belegt auch nach Ansicht von Attac das Scheitern des Finanzmarktkapitalismus. Gemäß dem neoliberalen Mythos sollen unregulierte Finanzmärkte wirtschaftliche Risiken breiter streuen und zu einer stabileren Wirtschaft beitragen. „Tatsächlich zeigt sich wieder einmal, dass in Boomzeiten einige wenige Spekulierende und Aktionäre Profite machen, die folgende Krise aber ganze Ökonomien und damit die breite Masse der Menschen trifft“, sagte Attac-Sprecher Stephan Schilling. Das Problem von Attac: einen Ausweg können auch sie nicht formulieren.
Auch in der islamischen Welt beginnt ein Umdenken. Die Frage nach der Zakat, nach dem Wesen von Geld oder den Bedingungen einer gerechten Ökonomie und freien Märkten rücken in den Mittelpunkt. Diese Fragen wurden vom „politischen“ Islam aller Richtungen bisher ignoriert. Eine Warnung von 19 prominenten Geistlichen in Saudi-Arabien vor der Inflation als Folge der Dollarschwäche hatte beispielsweise zum Jahresende für öffentliche Aufregung gesorgt. Die Kleriker fordern von der Regierung einen Preisstopp für Waren des täglichen Bedarfs, kritisieren die Wirtschaft und mahnen die Wohlhabenden zu mehr Wohlfahrt, sonst drohe dem Land – immerhin noch eines der reichsten der Welt – das Chaos und Kriminalität.