Auf Spiegel-Online finden sich momentan zwei Gegensätze im selben Europa:
NACKTE DÄNEN
Massen-Striptease auf dem Schulhof
Plötzlich zogen sie alle blank: Bei einem Einführungsritual an einem dänischen Gymnasium sollten 263 Teenager strippen, um Klassenpunkte zu sammeln. Solche Auszieh-Wettbewerbe sind in Dänemark verbreitet – und die Lehrer nicht amüsiert.
Am ersten Schultag hält für gewöhnlich der Direktor eine Rede, die Klassen werden aufgeteilt, und die Lehrer beginnen zügig mit dem Unterricht. An einem Gymnasium im dänischen Gladsaxe lief es in diesem Jahr anders. Ganz anders. Denn die älteren Schüler hatten eine Überraschungsaktion für die Neuankömmlinge organisiert: Strippen für Klassenpunkte.
Auf dem Schulhof hatte der Abschlussjahrgang einen Parcours mit sieben Stationen vorbereitet. An jeder Station vergaben die älteren Schüler Punkte dafür, wie weit sich die Neuankömmlinge auszogen. Eine Klasse konnte ihr Ergebnis etwa gehörig verbessern, wenn fünf Mädchen bereit waren, ihre blanken Brüste zu zeigen.
Die meisten Schüler legten nicht nur ihre Hemmungen, sondern auch all ihre Kleidungsstücke ab. Schnell bevölkerten 263 nackte Teenager den Schulhof, die Jungen völlig entblößt, die Mädchen nur mit String-Tangas bekleidet.
In der Tageszeitung „Jyllands-Posten“ berichteten viele Schüler, dass sie den ganzen Parcours „wahnsinnig komisch“ gefunden hätten, und betonten, alles sei freiwillig geschehen. „So haben wir doch schon mal unsere Grenzen ausprobiert und uns so besser kennen gelernt“, sagte ein beteiligtes Mädchen. Einige Schüler meinten jedoch, sie hätten sich unter Druck gesetzt gefühlt.
„Grenze klar überschritten“
Der Schuldirektor Mogens Skjoldager stoppte die Aktion schließlich, zeigte jedoch Sympathie für das Begrüßungsritual. Wenn er heute zu den Gymnasial-Neulingen gehört hätte, hätte er auch beim Massenstrip mitgemacht, sagte er und erinnerte sich an seine eigene Jugend Anfang der siebziger Jahre: „Als ich Junglehrer war, duschten Jungen und Mädchen nach dem Sport immer zusammen.“
Mit so viel skandinavischer Toleranz ist Skjoldager allerdings ziemlich allein. Der Vorsitzende des dänischen Rektorenverbands, Peter Kuhlman, verurteilte den Massenstrip als geschmacklos. „Jede High School hatte schon Probleme mit diesen Einführungsveranstaltungen, das war ein klares Beispiel dafür, dass die Grenze überschritten wurde“, sagte Kuhlman. Der unfreiwillige Strip könne schnell zur psychischen Belastung für die Teenager werden. In Dänemark schließt die Gymnasialzeit an die gemeinsame neunjährige Gesamtschule an und dauert nur drei Jahre. Zum Wechsel organisieren ältere Schüler Begrüßungsrituale. Die strippenden Schüler in Gladsaxe waren 15 oder 16 Jahre alt. „Mit 15 ist der eigene Körper oft nicht fertig entwickelt. Man ist äußerst empfindsam und verletzlich, wenn man ihn vorzeigen muss“, erklärte Katrine Sidenius vom Center für Vergewaltigungsopfer am Kopenhagener Rigshospital in der „Jyllands-Posten“.
In den vergangenen Wochen waren bereits mehrere derbe Einführungsveranstaltungen an dänischen Universitäten in die Schlagzeilen geraten – mit vielen Trinkgelagen und Strip-Wettbewerben, mit wenigen Informationen für die Erstsemester. Der dänische Bildungsminister Bertel Haarder erklärte nun, Neulinge zum Strippen anzuregen sei generell unangebracht – ob an der Universität oder an Gymnasien.
KOPFTUCH-URTEIL
Muslimin soll Referendariat abbrechen
In Bremen darf eine angehende Lehrerin nicht mit Kopftuch unterrichten und muss auf ihr Referendariat verzichten. Das haben Bremer Richter entschieden, weil sie durch das Kopftuch den Schulfrieden gefährdet sehen. Bremen – Das Land Bremen ist nicht verpflichtet, eine Kopftuch tragende Muslimin zum Lehramtsreferendariat zuzulassen. Das geht aus einer am Montag veröffentlichten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Bremen hervor. Der Uni-Absolventin der Fächer Deutsch und Religionskunde war von der Schulbehörde ein Referendariatsplatz verweigert worden, weil sie sich geweigert hatte, das Kopftuch im Unterricht abzulegen. Nach Überzeugung der Richter war diese Entscheidung rechtens. Das Kopftuch sei eine „abstrakte Gefahr für den staatlichen Erziehungsauftrag und den Schulfrieden“, entschied das Gericht.
Die Richter stützten sich bei ihrer Begründung auf eine von der Bremischen Bürgerschaft beschlossene Gesetzesergänzung vom vergangenen Juni, die das Tragen religiöser Symbole durch Lehrer regelt. Darin heißt es, das Erscheinungsbild eines Lehrers dürfe nicht dazu geeignet sein, die religiösen und weltanschaulichen Empfindungen von Schülern und Erziehungsberechtigten zu stören und die religiöse und weltanschauliche Neutralität öffentlicher Schulen zu beeinträchtigen.
Nach Ansicht der Richter stellt ein Kopftuch eine „bewusste und ausdrucksstarke Kundgabe einer religiösen Überzeugung dar“. Bei andersdenkenden Schülern könne dies auf Unverständnis stoßen. Muslimische Schülerinnen könnten durch das „kompromisslose Auftreten“ einer kopftuchtragenden Lehrerin zudem entmutigt werden, ihr eigenes Kopftuch abzulegen.
Die Muslimin wurde 1975 als Tochter türkischer Zuwanderer geborenen und hat einen deutschen Pass. Im April dieses Jahres hatte die Bildungsbehörde ihr eine Stelle für das Referendariat verweigert. Per einstweiliger Anordnung setzte die Muslimin sich zunächst vor dem Verwaltungsgericht durch und erzwang die Aufnahme ins Referendariat als letzte Station der Ausbildung. Sie wollte unter anderem Biblische Geschichte unterrichten.
Allerdings lag damals die Regelung der Bremischen Bürgerschaft über das Tragen religiöser Symbole in Schulen noch nicht vor. Jetzt entschied das OVG im Eilverfahren; das Urteil in der Hauptsache steht aber noch aus. Bildungssenator Willi Lemke (SPD) begrüßte den Gerichtsbeschluss: „Mit dieser Entscheidung hat das neue Gesetz seine erste Bewährungsprobe bestanden.“