Heute liegt sie also auf dem Tisch: die Ausgabe 100 der Islamischen Zeitung. Wie bei jeder Redaktion ist eine frischgedruckte Ausgabe ein besonderes Fest. Ein kritischer Blick schweift schnell über die frischen Seiten. Dann doch ein klein wenig Zufriedenheit. Bei einem solchen Projekt sind 100 Ausgaben ein wahrlich „hohes Alter“. Schaffen wir nochmals 100? Einfach wird das nicht.
Inzwischen sind wir auch in der ökonomischen Dynamik dieser Zeit angekommen, versuchen an Kioske zu vertreiben, überziehen unser Konto, sprechen auch mal freundliche Worte mit einigen Gläubigern. Überleben ist alles. Außerdem glauben wir fest an das alte Sprichwort: „wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing“. Also lieber weiterkämpfen und unabhängiges Medium bleiben.
Alles in allem macht es aber nach wie vor Spaß. Bemerkenswerter Weise sitzt man auch oft genug zwischen allen Stühlen. Für politische denkende Organisationen ist die Zeitung ein Politikum und damit ein möglicher Machtverlust. Manchen zu sehr, manchen zu wenig religiös. Für die Regierung ist sie zu frei, für manche zu konservativ oder doch zu globalisierungskritisch? Eigentlich ist die Zeitung überhaupt nicht zu kategorisieren. Das ist auch gut so. Sie ist bewußt unsystematisch und immer in Bewegung. Man kann die Zeitung am Bahnhof kaufen, die Redaktion sitzt aber im Zug. Unterwegs.
Die Herausforderung bleibt. Der Islam ist eine Konstante. Die Muslime von großen Veränderungen betroffen und heute ganz zeitgemäß, wie alle Menschen zumeist „im Kleid der Technik“. Was macht es also aus ein Muslim zu sein? Uns geht es darum gängige Bilder zu verändern, Bilder auf alle Seiten zu brechen. Das Unmögliche zu kommunizieren. Islam ist eine einfache Lebenspraxis mit komplexen Wirkungen. Stoff für weitere 100 Ausgaben ist leicht zu finden. Nur, wo sind 100 neue Redakteure?
Besonders gefällt mir unsere Rolle die Relevanz des Islam anzudeuten. Das Bemerkenswerte an unserer Offenbarung ist ja, dass sie sich zu jeder Zeit neu offenbart und in jeder Zeit ihre ganze geistige Anziehung entfaltet. Gerade im Moment ist es spannend zu sehen wie viele Europäer genau diese Relevanz des Islam für sich entdecken. Zumeist kann man dem Islam gegenüber nicht wirklich „neutral“ bleiben. Er ist die eigene Frage als Gestalt. Die Welt nur ein Spiegel.