Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

2009-11-13

„Die Sankt-Nimmerleins-Haltung ist politisch nicht mehr tragbar. Das Wort 'Exit-Strategie' nehmen wir nicht mehr nur verschüchtert in den Mund, wie noch vor ein, zwei Jahren“ (Verteidigungsminister zu Guttenberg, im „stern“)

Vor der Wende war die Welt der Militärs noch in Ordnung. Als ich in meiner Bundeswehrzeit in den 80er Jahren an frostigen Manövern auf der schwäbischen Alb teilnahm, hatten die „feindlichen Fahrzeuge“ immer rote Kreuze, die auch stets aus der Himmelsrichtung Osten anrollten. Die Welt des Bösen war der Kommunismus auf der anderen Seite. Jedem Soldaten oder Wehrpflichtigen, der potentiell für „Recht und Freiheit“ focht, war damals klar, dass ein konkreter Kriegseinsatz beinahe denkunmöglich war. Unsere ABC-Abwehrkompanie übte die Lage nach dem finalen Atombombenabwurf, das korrekte Ausstellen von „Spürmeldungen“ und das ordentliche Markieren atomwaffenverseuchter Gebiete. Ein Offizier drückte auf unseren Übungen auf ein Blitzlicht und schlug anschließend auf eine Pauke, um Realitätsbezug herzustellen.

Heute ist die Lage um den Ausnahmefall des Krieges nicht nur terminologisch komplizierter. Es herrschen – so Verteidigungsminister zu Guttenberg – „kriegsähnliche“ Zustände. Gekämpft wird gottlob noch immer nicht in der alten Heimat, wo Kriege nur noch eine theoretische Option sind, wohl aber „praktisch“ am Hindukusch. Die deutschen Soldaten, die nicht zu beneiden sind und denen man natürlich keine „imperialen“ Absichten unterstellen kann, sind zu Recht verunsichert. Das alte Völkerrecht soll antiquiert sein, das Polizeirecht scheint unzulänglich, die Ideale von Demokratie und Rechtsstaat sind längst hinfällig. In den Grauzonen des Rechtes und im High-Tech-Feldzug aus luftigen Höhen sterben auch tausende Unschuldige.

Auch dies wäre in einem klassischen Krieg eher ungewöhnlich: Der muslimische Rechtsanwalt Popal berät, wie der SPIEGEL berichtet, die Betroffenen vor Ort, also Angehörige der Opfer, wie sie erfolgreich den Rechtsweg in Deutschland bestreiten können.

Die Lage wirkt heute zunehmend hoffnungslos. Weder das westliche Recht kann in der Region der Korruption, der Warlords und des Drogenhandels glaubwürdig Ordnung schaffen, noch können die Muslime, traditionell gemäßigt durch das Zusammenspiel von Shariat, Liebe zum Propheten und Sufismus, einen Nomos stiften. Die Steinzeit-Nationalisten der Taliban zeigen schon durch ihre bizarre Frauenfeindlichkeit ihre Ferne zur Sunnah, mit ihren Selbstmordattentaten, Ferne zum islamischen Recht und letztlich auch einige Distanz zum gesunden Menschenverstand. Was bleibt in dieser Lage der Bundeswehr? Eigentlich nur der Rückzug. Für zivile Wohltaten gibt es genügend Regionen, wo die Bundeswehr willkommener wäre. Der Drohnen-Feldzug gegen terroristische Nester braucht keine Präsenz vor Ort und kann inzwischen von jedem Ort der Welt gesteuert werden.