(iz). Es gab Zeiten, da stand der Ruf nach Gold- und Silbermünzen unter dem Generalverdacht, rückwärts gewandt zu sein. Die Überzeugung, dass Zahlungsmittel einen in sich inne wohnenden Wert haben müssten, vertrat wohl als letzter deutscher Finanzminister Johann Wolfgang von Goethe. Der Rausch der Industrialisierung brach dieses Maß in Stufen auf, schlußendlich konnte nur mit immer größeren Mengen Papiergeld das Projekt „Moderne“, bis hin zu seinen imperialen Kriegen, finanziert werden.
Im letzten Jahrhundert fiel die Idee einer immerhin teilweisen Golddeckung von Geld endgültig in sich zusammen. Es war der Vietnamkrieg, den die USA ohne mehr Geld nicht mehr finanzieren konnten. Die Notenbanken hatten nun freie Hand und konnten den Trend zur „wundersamen Geldvermehrung” grenzenlos fortsetzen. Immer größere Geldströme tauchten bald nur als elekronische Impulse an Bildschirmen auf. Immer größere Mengen von Geld wurden gewonnen und verloren. Die alten Tauschgeschäfte der Produkte aus der realen Wirtschaft wurden als marginale Umsätze in das große Glücksspiel einbezogen. „Früher wurde man der Börse, heute an der Börse beraubt”, merkte Ernst Jünger über die neuen Gepflogenheiten an. Das Wesen des Geldes wandelte sich. Es wurde zum Nichts, zu einer fixen Idee.
Inzwischen gilt das Bargeld als rückständig. Die sich anbahnende „modernste” Geldwirtschaft aller Zeiten erkennt Bargeld nicht mehr an. Unter dem Deckmantel der Geldwäschebekämpfung werden bereits Bartransfers als potentiell kriminelle Taten diffamiert. In vielen europäischen Ländern werden Bargeldtransfers, die über einer bestimmten Summe liegen, verboten. Jede Transaktion wird zum Gegenstand intensiver Beobachtung. Der Kreis schließt sich. Der Vollzug der Moderne endet so mit einem bargeldlosen Bürger, der mit seinem virtuellen Geld nicht nur eine gläserne Person ist, sondern auch jederzeit per Knopfdruck in gewünschter Höhe enteignet werden kann. Seine Positionierung am „Markt” lässt ihm dagegen immer weniger Spielraum. Statt einer natürlichen Wahlfreiheit bleibt ihm nur ein einziges System und ein einziges Tauschmittel, um am Wirtschaftsleben effektiv teilzunehmen.
Die alte Goldbewegung, in Asien, Europa und den USA, hat sich derweilen mit der Moderne versöhnt. Ihr Geld basiert immer noch auf realen Werten, aber erlaubt natürlich den Einsatz von Debitkarten, nutzt das Internet als Marktplatz oder fördert elektronische Zahlungssysteme, die keine Banken sind. Es gibt damit reale Alternativen für eine Ökonomie mit Zukunft. Mehr noch: Die Forderung nach echtem Geld fällt heute mit der Forderung nach ökonomischer Freiheit und nach freier Marktwirtschaft zusammen. Unser Geld in der Tasche ist nichts Anderes als ein Pfand der Freiheit im Zeitalter der Finanztechnologie geworden. Wer es sorglos aus der Hand gibt, verliert seine Souveränität.
Dieser Kommentar erschien in der IZ, April 2013.