Eine der vielen destruktiven Folgen der Präsenz der IS-Zyniker zeigt sich in der Quasi-Wiederbelebung des bürgerlich-politischen Feuilletons. Man spürt in mancher Redaktionsstube die Erleichterung.
Eigentlich beunruhigt von der Irrationalität der Schulden- und Finanzkrise, dem philosophischen Rätsel der Finanztechnik, der offensichtlichen Krise des Parlamentarismus und der Frage nach der politischen Souveränität an sich hat dieser vormals verunsicherte Teil der Intelligenz nun wieder einen neue „Sicherheit“ vermittelnden Feind gefunden. Das Motto ist hier einfach gefunden: „Wir sind demokratisch, weil sie undemokratisch sind!“
Das neue demokratische Selbstwertgefühl, einhergehend mit einer kulturellen Überlegenheit, ist nun durch eine schlichte Negation gewonnen; begreift sich also als die Abwehr gegen den absoluten Unwert, den Barbaren und den Feind schlechthin.
Die hektische Produktion von „Breaking News“ sichert die andauernde Verkäuflichkeit dieser Art Sensation. Gleichzeitig erfahren auch erneuerte Diktaturen wie Ägypten eine neue, der geopolitischen Logik entsprechend, Legitimation. Sind sie doch nach herrschender Ansicht notwendige Bollwerke gegen die marodierenden IS-Partisanen.
In der Ukraine herrscht dagegen das andere, verstörende Paradox. In Europa selbst wohnen noch immer die Kräfte der Gewalt, des Krieges und des Terrors.
Die vollständige Einordnung des Islam in das dialektische Bild rund um die Erneuerung der demokratischen Kultur gelingt nur bei gleichzeitiger, beinahe vollständiger, Politisierung dieser Lebenspraxis. Die Debatte über die relevanten sozialen, philosophischen und ökonomischen Aspekte dieser Praxis sind verdrängt durch den fortlaufenden politischen Bekenntniszwang.
Extrem fanatische oder extrem liberale Bündnisse – nach dem Motto „alles verboten“ gegen „alles erlaubt“ – polarisieren dabei nicht nur, sie rufen uns auch auf, nach dem bewährten Maß des Mittelweges zu suchen. Politischer Islam, alltäglich sich in das Feld der Politik einordnend, kümmert sich dabei – allein den gewohnten Prinzipien des eigenen Machterhalts oder der eigenen Machtsteigerung folgend – in erster Linie um sich selbst und verdrängt so die sozialen und ökonomischen Impulse des Islam; genau die, die nur in Freiheit gedeihen können.