„Allah regiert die Schöpfung aus sich selbst heraus“ (Ibn al Arabi)
Zufall oder Schicksal? Der Glaube an das Schicksal und an die Vorherbestimmung ist ein Bindeglied zwischen großen Denkern verschiedener Kulturen wie Schiller, Goethe oder Tolstoi – aber auch die gemeinsame Basis aller Gläubigen. Die nachfolgende Stelle findet sich in dem berühmten Roman „Krieg und Frieden“ von Tolstoi:
„Wenn der Apfel reif ist und vom Baume fällt – warum fällt er? Weil sein Gewicht ihn zur Erde zieht? Weil sein Stengel vertrocknet ist? Weil er in der Sonne dürr geworden ist? Weil er zu schwer ist? Weil der Wind ihn abschüttelt? Weil der Knabe, der unter dem Baum steht in gerne essen möchte?
Nicht einer dieser Gründe allein ist es, sondern alle zusammen und nur das Zusammentreffen all der Bedingungen, unter denen sich jedes organische, elementare Ereignis im Leben vollzieht. Und jener Botaniker, der herausgefunden hat, daß der Apfel deshalb zur Erde fällt, weil sich sein Zellgewebe zersetzt und dergleichen mehr, hat ebenso recht wie jenes Kind, das unter dem Baum steht und sagt, der Apfel falle nur aus dem Grund herab, weil es ihn essen wolle und darum gebetet habe.
Und wer da sagt, daß Napoleon nur deshalb nach Moskau vorgerückt sei, weil ihm eben der Sinn danach gestanden habe, und nur deshalb dort zugrunde gerichtet worden sei, weil Alexander sein Untergang gewollt habe, der habe genauso recht und unrecht wie derjenige, der da sagt, daß ein Millionen Pud schwerer Berg, der untergraben ist deshalb zusammengestürzt sei, weil der letzte Arbeiter unter ihm den letzten Spatenstich getan habe. Bei historischen Ereignissen, sind die sogenannten großen Persönlichkeiten nur Etiketten, die dem Ereignis den Namen geben, haben aber, ganz wie die Etiketten, in Wirklichkeit am allerwenigsten mit den Ereignissen zu tun.
Jede ihrer Handlungen, die ihnen aus aus eigenem Wunsch und nur um ihrer selbst willen ausgeführt zu sein scheint, ist im historischen Sinn nicht freiwillig, sondern mit dem ganzen Gang der Geschichte verknüpft und von Ewigkeit her vorausbestimmt.“