Die Regierung sagt euch: „Dieses Stück hat soviel gegolten; nun, von jetzt an gilt es soviel…“. Das ist vorgekommen, das kann wieder vorkommen. Da ist Farinet anständiger als die Regierungen, ihm zahlt man das, was an dem Geld dran ist, ihnen zahlt man, was draufsteht…“. (Ramuz, Farinet oder das falsche Geld)
In der Schweiz gibt es nicht nur die größten Banken der Welt, sondern mit Jean Ziegler auch einen harten Kritiker der modernen Kosmokraten und ihrer globalen Machenschaften. Das politische Thema der Bestimmung des Verhältnisses zwischen lokaler Freiheit und zentralistischen Strukturen ist so alt wie die Schweiz selbst und gehört bereits zum Schlüsselthema in Schillers Wilhem Tell. Auch Charles Ramuz, der wohl berühmteste Schweizer Schriftsteller, war von dem Thema fasziniert. In seinem Roman Farinet und das falsche Geld beschreibt der Schriftsteller das Schicksal eines Schweizer „Robin Hoods“.
Farinet ist ein einfacher Mann aus dem Wallis. Ein schlichtes Holzkreuz schmückt Farinets Grab in Saillon, das am Rande des Kirchenbezirks liegt, wie es sich gehört für einen, der seine individuelle Freiheit höher schätzte als Staat und Gesetz. Ramuz sieht in dem Roman die Möglichkeit der Währungsmanipulation als eine zentrale Verführung moderner Staaten voraus. Farinets Widerstand endet tragisch.
Noch heute wirbt die Ferienregion Wallis mit der geheimnisvollen Figur. Dass Farinet ein so erfolgreicher Falschmünzer war und bei der Bevölkerung Unterstützung fand, ist dabei einer besonderen historischen Situation zuzuschreiben. Gleichzeitig mit dem Auftauchen seiner „falschen“ Münzen hatte die Walliser Kantonalbank, zuständig für Banknoten im Kanton Wallis, eine finanzielle Krise. Alexis Allet, Regierungsratspräsident, Nationalrat und Bundesrichter war stark am Schlamassel mitbeteiligt, musste unfreiwillig von allen Ämtern zurücktreten. Die von der Bank 1858 bis 1870 ausgegebenen Banknoten verloren an Wert.
Farinets Geld bekam den Ruf, mehr Wert zu haben als die Geldscheine der Walliser Kantonalbank. „Ja“, sagt dann auch Fortana in dem Roman zu den Taten des Helden: „..denn das sage ich euch, sein Gold ist besser als das Gold der Regierung. Und ich sage, er hat das Recht, falsches Geld zu machen, wenn es echter ist als das echte.“ Ramuz beschäftigt die moralische Deutung und Beurteilung des Romanhelden – ist er ein Verbrecher, ein Patriot, ein Anarchist?
Die Lage ist nicht so eindeutig. Als der junge Mann im abgelegenen Tal mit der Geldfälscherei begann, ging es ihm nicht – wie bei einem gewöhnlichen Falschmünzer – um eigene persönliche Bereicherung, er wollte geben, schenken, Freude bereiten. Farinet glaubte dabei, dass sein Geld legitim ist. Dieses Angebot nahmen die Leute auch gerne an, sie hielten Farinets Gold für echter als das Geld der Regierung. Von Männern geschätzt, von Frauen verehrt, fand er Unterschlupf vor der Staatsgewalt, bis er von seiner Freundin aus Enttäuschung verraten wurde.
Er hat zweifellos etwas Anarchisches, dieser Farinet, wie ihn Ramuz beschreibt. Ein Verführer ist er, einer, der keine Grenzen anerkennen mag, der mit Bick auf die Berge ausruft: „Aber, was ist Freiheit? … Freiheit ist: zu tun, was man will, wie man’s will, wann man Lust hat.“ Die Zentralgewalt überlebt Farinet`s Freiheit nicht. Heute ziert Farinet die „Bank“-Noten alternativer Tauschkreise, während Ramuz auf dem echten Geld abgebildet ist.