Die Finanzkrise aus islamischer Sicht zu beurteilen, ist wahrlich kein triviales Thema. Im Grunde ist eine Generation von Historikern, Juristen und Philosophen gefragt, die tieferen Hintergründe der Etablierung von Banken, als das dominante Finanzinstrument unserer Zeit, zu hinterfragen. Die Etablierung der Banken und daraus folgend die Vervielfältigung von Geld, ist ein in sich zusammen gehörender Vorgang und verändert grundlegend unsere Positionierung in der Welt. Immer größere Massen von Geld, scheinen die Machtmöglichkeiten des Menschen beinahe unendlich zu steigern, nur, ist es so wirklich?
Der Umstand, dass wir glauben sollen, dass Geld endlos aus dem Nichts geschaffen werden kann, betrifft tatsächlich nichts Anderes, als unsere innersten Glaubensüberzeugungen. Goethe hat es nicht geglaubt. Und wir Muslime?
Es wird Zeit, dass wir die Geschichte unserer Zivilisationen aus zwei Blickwinkeln heraus neu durchdenken: Zum Ersten, die Frage, was unsere originären Finanzinstrumente eigentlich sind und zum Zweiten, zu welchem Zeitpunkt und mit welcher Folge wir die Bank als das dominante Finanzinstrument akzeptiert haben oder akzeptieren mussten?
Viele Muslime sind heute der Auffassung, dass es schon genügt, dass wir die Idee der Bank mit dem Eigenschaftswort „Islamisch“ versehen, um dieses Instrument für unseren Glauben ohne negative Folgen zu vereinnahmen. Diese Auffassung negiert zunächst völlig, dass auch die islamische Bank mit „Geld“ hantiert, und zwar Geld, dass eben aus dem Nichts geschaffen wurde. Wie stehen wir, insbesondere unsere Gelehrten, also hierzu?
Über lange Zeit war der Rückbezug auf Gold und Silber, insbesondere in Zeiten des Modernismus, mit dem Vorwurf der Antiquiertheit behaftet. Heute schwant uns und zwar jenseits aller Konfessionen, dass die blinde Etablierung der modernen Finanztechnik, nichts Anderes als ein offensichtlicher Rückschritt für die menschliche Entwicklung bedeutet.
Natürlich gibt es für uns Muslime auch kein zurück in die Romantik vergangener Zeiten, und die Errungenschaften moderner Technik können auch nicht einfach negiert werden. Aber, ist die Idee und Logik der Möglichkeit endloser Vervielfältigung von Geld wirklich „modern“? Kann ein magischer Vorgang, der zudem der Vernunft widerspricht, modern sein? Und – zeigt sich nicht gerade heute der Sinn des originären, offenbarten, islamischen Wirtschaftsrechts?
Was bedeuten diese Fragen für den sogenannten politischen Islam, der nicht gerade zufällig, lieber über Kopftücher schwadroniert, als ein funktionierendes Wirtschaftsprogramm vorzulegen und der seine – siehe Ägypten – durch IWF und Militär eingeschränkte Souveränität, den autoritären Kapitalismus also, durch diktatorische Maßnahmen übertünchen muss?