Ironischerweise gehört es wohl zu den Stärken des Kapitalismus, dass gewaltige Krisen auch sehr schnell als neue, wunderbare Erwerbsquellen erschlossen werden können. Seit dem Ausbruch der aktuellen Finanzkrise spricht für diesen Umstand eine Flut von neuen Büchern, die das Krisengeschehen „vergolden“ und „versilbern“. Natürlich gibt es aber auch wichtige Neuerscheinungen und Beiträge, die mithelfen, die Machtebene des Ökonomischen besser und tiefer zu deuten.
Schon im letzten FOCUS MONEY ist mir wieder eine Kolumne des Journalisten Oliver Janich aufgefallen. Auf einem Flug mit der Air Berlin wurde der Finanzratgeber aus dem Hause Burda verteilt und von Managern und Geschäftsleuten in luftigen Höhen sogleich aufmerksam gelesen. In seiner Kolumne, in Nachbarschaft zu heißen Börsennews, positionierte sich der Autor mit einer erschütternd einfachen These: Nur eine echte Goldwirtschaft kann nachhaltiges Vermögen schaffen! Auch die mitgelieferte politische Pointe seines Beitrages eröffnet einen neuen Horizont und einen neuen Maßstab zugleich: Eine wirklich freie Gesellschaft sollte auch freie Tauschmittel zulassen!
Janich hatte bereits vor einigen Monaten einen spektakulären Artikel über den 11. September in dem Medium etabliert. Nüchtern präsentiert er darin die logischen Brüche in der offiziellen „Story“ des Jahrhundertattentates. Mehr noch, Janich befreit das schlichte vernünftige Urteilen über ein kompliziertes Ereignis endlich vom Vorwurf der Abhängigkeit von dunklen Verschwörungstheorien. Dieser Beitrag in einem der großen Medienhäuser des Landes war wohl beinahe einmalig. Kurzum, Janich rettete mit dem überfälligen Artikel nicht nur die allgemeine Journalistenehre, ihm gelang zweifellos auch eine journalistische Glanzleistung.
Auch sein neues Buch „Das Kapitalismus Komplott“ gibt wieder einiges zu denken. Janich gelingt zunächst ein beeindruckendes Plädoyer für die Verwendung von Gold als Tauschmittel. Auf klug geschriebenen Seiten räumt er auch mit einigen dümmlichen Gegenargumenten der Papiergeld-Gurus auf. Auch wenn Janich den Zins (unverständlicherweise) nicht als weiteres, wesentliches Problem modernen Wirtschaftens sehen will, trifft er doch mit seiner erneuten Forderung nach Befreiung der Tauschmittel instinktsicher den Puls dieser Zeit.
Als aufgeklärter Europäer und kritischer Journalist kann Janich weder die wundersame Geldvermehrung noch eine ungeprüfte Angstpolitik um den bevorstehenden ökologischen Untergang akzeptieren. In seinem Buch reibt er sich dann an der anderen Jahrhundertfrage: der Klimadebatte. Janich glaubt, dass „Klimalüge“ , „Terrorismus“ und „Finanzkrise“ letztendlich die Dynamik hin zu einer autoritären „Weltregierung“ der „Globalisten“ (mit Weltstaatseinrichtungen, Weltgeld, Weltreligionen etc.) befördern sollen. Die Hochzeit von Kapitalimus und Kommunismus ermöglicht nichts Anderes als einen neuen Totalitarismus.
Auch Janich wird klar sein, dass man als Mensch auf einer Welle wohl einige Zeit surfen kann, ihren Ablauf aber natürlich kaum planen oder ihr Entstehen gar erschaffen könnte. Wie immer man schlussendlich zu den vorgestellten Machenschaften oder einem angeblichen Komplott philosophisch stehen will, besonders lesenswert ist Janichs Analyse über das „Handwerkszeug der Propagandisten“: die Hegelsche Dialektik.
Terroranschläge, die Verteufelung von Gold oder die von Menschen gemachte Erderwärmung schaffen notwendigerweise das Gefühl der Angst und versuchen, die Menschen zu den verbreiteten „Lösungen“ zu treiben. Konflikte haben so durchaus einen willkommenen Nutzwert. Moderne Propaganda begleitet heute die Aktion, um eine absehbare Reaktion im Sinne des eigentlichen Zieles zu nutzen. Das Ziel – so Janich scharf – ist dabei die absolute Kontrolle.
Auch an einem Lösungsvorschlag versucht sich der Autor. Für Janich ist das von Zensur bedrohte Internet (die „Offenbarung“ der Vernünftigen) ein Hoffnungsschimmer auf einem sympathisch klingenden Weg hin zu mehr basisdemokratischen, freien und dezentralen Modellen des Zusammenlebens. Man hört allerdings ein wenig den Zweifel durch, ob diese Art der „technischen“ Offenbarung für die nötige Sammlung des Menschen wirklich ausreicht. Praktisch scheitert die Partei der Vernünftigen bisher an der 1%-Hürde.
Oliver Janich: Das Kapitalismus Komplott, Finanzbuch Verlag, 462 Seiten