Viele Menschen in der ehemaligen DDR haben immer noch Angst vor der Manipulation der Öffentlichkeit durch Geheimdienste. Sie denken an Denunziationen in den DDR-Medien, an durch Behörden erzwungenes Karriere-Aus für Andersdenkende und die durch Geheimdienste, gestern und heute, immer wieder zu verantwortende Gewalt. Man denke nur an die Folter durch einige wenige extremistische Geheimdienstleute. Auch in Brandenburg gibt es einen Geheimdienst.
Natürlich ist das oben Geschriebene eine Polemik! Es ist aber auch ein gefährliches linguistisches Modell. Wie funktioniert das? In dem Abschnitt werden Begriffe wie „DDR, Gewalt, Geheimdienst“ strukturell verknüpft. Der Leser wird zunächst negativ gestimmt, dann folgt eine (unzulässige) Assoziation. Das Ganze Modell ist bewußt gerichtsfest gehalten, weil kein einzelner Satz an sich falsch ist, wohl ist es aber das oberflächliche Modell im Ganzen.
Hier nun eine aktuelle Meldung auf der Onlineseite des Brandenburger Verfassungsschutzes, die man aufmerksam lesen muss:
„Islamistischer Extremismus grenzt sich von diesem Islam ab und strebt nach einem Gottesstaat ohne Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie. Islamistische Extremisten sind Antisemiten und predigen Intoleranz gegen alle, die nicht in ihr Weltbild passen. Manche predigen auch Gewalt. Und wenige sind selbst gewalttätig bis hin zum Terrorismus.
Auch in Brandenburg ist eine Gruppe mit Bezügen zum islamistischen Extremismus tätig. Es handelt sich um die „Islamische Gemeinschaft Potsdam“ (IGP) – siehe auch Seite 140 im aktuellen Verfassungsschutzbericht. Zu Werbezwecken hatte sich die IGP mit einem Zelt samt Hüpfburg am zweiten Mai-Wochenende am Potsdamer Suq-Markt beteiligt. Dabei kam es zu einem Zwischenfall. Der Spaß eines Achtjährigen in der Hüpfburg währte nämlich nicht lange. Von anderen Kindern wurde er mit den Worten „Hau ab, Du Christ“ vertrieben.
Die Potsdamer Toleranz wird offenbar noch nicht überall gelebt. Es bleibt viel zu tun.“
Auch hier wird eine geschickte Informationstechnik gewählt. Sie erlaubt, ohne großen Zeit- oder Rechercheaufwand, die größtmögliche negative Wirkung zu erzielen. Der erste Absatz stimmt den verschreckten Leser in die gewünschte Richtung ein – „Gottesstaat ohne Freiheit, Antisemitismus, Terrorismus“ – der zweite Absatz assoziiert. Die dort erwähnte „Gruppe“ (die jedem der will, bekannt ist, durch klare Stellungnahmen und Aktionen gegen den Terrorismus) habe – so heißt es nun so geschickt wie bewusst vage, „Bezüge“ zum Extremismus. Die Assoziation mit „Extremismus“ (also Terror, Antisemitismus usw.) ist nun für die ganze Gruppe trickreich vollzogen.
Den irrationalen Bedeutungszusammenhang „Gottestaaat- Hüpfburg / Luisenplatz Potsdam“ kann man allerdings nur mit einer ordentlichen Portion Paranoia sehen oder verstehen.
Nun braucht es noch – die Faktenlage ist äußerst schwierig – irgendwie einen Praxisbezug, vor allem eine (angeblich) konkrete, bestätigende Assoziation:
Streitende Kinder!
Natürlich würde sich jede andere Gemeinschaft, Gruppe, Partei in Potsdam, – wegen den naheliegenden Assoziationen über das Verhältnis Staat/BürgerInnen – grundsätzlich verbieten, dass spielende Kinder überhaupt, wie hier scheinbar geschehen, durch staatliche Stellen „belauscht“ oder „beobachtet“ werden. Jetzt wir auch klar, warum es für die Behörde nötig ist, den einleitenden diffamierenden Bezug zum „Terror“ herzustellen, denn nur so, ist das unverhältnismäßige staatliche Handeln scheinbar gerechtfertigt. Der öffentliche „Rückschluß“ von einer (x-beliebigen) Kinderäußerung auf die angebliche Gesinnung der Eltern ist natürlich wenig rechtsstaatlich, sondern einfach nur abenteuerlich.
Kaum überraschend erwähnt die Meldung (wie auch die VS-Berichte an sich, die – sozusagen im Umkehrschluss – grundsätzlich positive Assoziationen meiden) über die weiteren Umstände der „Kinderei“ nichts Entlastendes, Gegensätzliches – so zum Beispiel, dass der ganze Markt, mit erheblichem finanziellen und zeitlichen Engagement, erfolgreich für die ganze Stadt (und ihre Kinder) von Muslimen organisiert wurde. Ergo, der Markt dürfte dem Brandenburger Dienst und seinem kalten „Freund-Feind“ Raster ein Dorn im Auge sein, denn, der Markt ist in seiner Wirklichkeit, eines der wenigen Beispiele für eine funktionierende multikuturelle Aktion. Toleranz, die nicht nur an Schreibtischen postuliert wird.
Der Online-Eintrag des Brandenburger Verfassungsschutzes ist nichts Anderes, als ein Beispiel der Manipulation der Öffentlichkeit durch unzulässige Assoziationen.
Weitere Beispiele für die Unverhältnismäßigkeit staatlichen Handelns (Überwachens) arbeite ich gerade in einem Bericht an die OSZE auf.