Verehrte Teilnehmer und Gäste, liebe Brüder und Schwestern im Islam. As-salamu´alaikum
Es ist mir eine große Ehre an der heutigen Veranstaltung hier in Moskau teilnehmen zu dürfen. Auf verschiedenen Reisen in meiner Funktion als Präsident der European Muslim Union hatte ich bereits Gelegenheit, diese großartige Stadt kennenzulernen. Moskau gehört zu den Orten, an denen wir als europäische Muslime beweisen wollen, dass die auf den Islam bezogene These Huntingtons vom bevorstehenden Clash der Kulturen falsch ist. Unser Gegenthese ist einfach: Man kann natürlich Muslim und Europäer sein! Der Islam, wie das die Existenz russischer, spanischer oder deutscher Muslime zeigt, ist keiner bestimmten Kultur zugeordnet. Mit anderen Worten, der Islam ist selbst keine Kultur.
Auch wenn ich von der Möglichkeit einer harmonischen Allianz zwischen Europa und dem Islam überzeugt bin, wäre es natürlich naiv, nicht auch bestehende Probleme anzusprechen. Natürlich war Moskau auch immer wieder der Ort tragischer Vorfälle. Der Zynismus des Terrors kam hier klar zu Tage. Unsere muslimischen Juristen haben dabei immer wieder klar gestellt, dass es leider muslimische Terroristen geben mag, aber sicher keinen „Islamischen Terrorismus“. Diese Definition ist genauso unsinnig wie zu behaupten, es gäbe einen „Islamischen Bankraub“. Das islamische Recht lehnt jede Form des Terrorismus klar ab.
Uns alle hier auf der Expo vereint heute der positive Gedanke, dass der Handel eine der wichtigsten völkerverbindenden Aktivitäten darstellt. Über Jahrhunderte war die Freiheit des Handels und der Handelswege eines der wichtigsten Anliegen der Muslime. Noch heute finden sich bei Ausgrabungen in Skandinavien zehntausende „islamische Dirhams“. Schon die Vikinger sind im Mittelalter quer durch Osteuropa zu den Märkten der Muslime gepilgert und haben dabei islamisches Halal-Geld benutzt.
Wir hoffen, dass der global wachsende Halal-Markt ebenfalls diese grenzüberschreitenden Wirkungen entfaltet. In der Sura an Nisa heißt es diesbezüglich: „Oh Die ihr glaubt, zehrt nicht euren Besitz untereinander auf nichtige Weise auf, es sei denn, daß es sich um Handel in gegenseitigem Einvernehmen handelt.“ Wir finden hier also eine großartige Aufforderung zum „Fair Trade“!
Wir alle wissen, dass der Halal-Markt längst nicht nur Lebensmittel oder Fleischprodukte umfasst. Das islamische Wirtschaftsrecht und insbesondere die Finanzinstrumente des Islam, finden heute, inmitten der größten Finanzkrise der Menschheitsgeschichte, zu Recht große Beachtung. Der Islam wird in Europa in dieser Hinsicht längst als Teil der Lösung, nicht etwa als Teil eines Problems erfahren. Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben dieser Konferenzen und Messen, einem breiten Publikum die wichtigsten Halal-Regeln zu erklären. Immer mehr Menschen entdecken bereits den tieferen Sinn dieser Regeln.
Eine Art “kategorischer Imperativ” präsentiert beispielsweise eine Ayat aus der Sure al Baqara: „Allah hat den Handel erlaubt und die Zinsnahme verboten“. Hier ist das islamische Bekenntnis zu einer freien Marktwirtschaft, zu Eigentum und Gewinnstreben, aber auch eine Beschränkung der Möglichkeiten des Kapitals eindrucksvoll formuliert. Gerade jetzt, in einer Zeit wachsender Monopole und Handelsbeschränkungen, gigantischer Verschuldung und drohender Inflation bekommen diese Aussagen ein großes Gewicht.
Bei allen Bedenken über die Auswüchse der Finanztechnologie wissen wir Muslime natürlich, dass wir in einer globalen, technologischen Welt leben. Wir alle leben mitten in der Zeit der Internetrevolution. Die alten Grenzen und Ordnungsmodelle werden durch das Internet aufgelöst. Die Mitgliederzahlen der sozialen Netzwerke, wie beispielsweise Facebook, erreichen bereits die Mitgliedszahlen von Religionen oder großen Ländern wie China. Es ist natürlich, dass wir Muslime uns diesen Herausforderungen stellen.
Ich freue mich daher, dass es auch immer mehr muslimische Projekte im Internet gibt. So versucht beispielsweise das IT Projekt “Salamworld” mit Sitz in Istanbul bald in die Top Ten der sozialen Netzwerke aufsteigen zu können. Es gibt bereits zahlreiche virtuelle Marktplätze und Bezahlsysteme, die den Regeln des islamischen Rechts entsprechen. Die Chancen für weitere solche Projekte stehen gut. Vergessen wir nicht: es gibt bereits über 1,5 Milliarden Muslime und 54% von Ihnen sind jünger als 25 Jahre.