Die Geschichte folgt einem bestimmten Muster. Das FBI beobachtete vier zum Islam konvertierte Männer, die bisher weder Kontakte mit Terrorgruppen noch mit islamischen Gemeinschaften hatten. Sie sind Muslime der Kategorie „Dummies“, Kleinkriminelle und wohl auch psychisch Gestörte.
Die Einzelgänger sind geradezu idealtypische Feinde. Sie sind radikal, isoliert und – ohne entsprechende Hilfe – auch nicht besonders geschickt. Man muss, um diese „Zelle“ zu aktivieren, ihnen durch einen Informanten unbrauchbaren Sprengstoff und eine funktionsunfähige Stinger-Rakete unterjubeln. Dann funktionieren sie. Der in den USA als Boss der Gruppe eingesetzte V-Mann war ein stadtbekannter „agent provocateur“. Jeder normale Muslim, der mühelos auf Zehn zählen kann, ging dem Desperado längst aus dem Weg.
Dann – natürlich mit einigem Spektakel – die Festnahme. Die Politik spricht vom Wandel von der abstrakten zur konkreten Gefährdungslage. Die Medien spielen in aller Welt mit. In Deutschland schafft zum Beispiel die WELT eine bedrohliche Stimmungslage: „FBI verhindert neuen 11. September in New York.“ Kritische Fragen Fehlanzeige. „Dies war eine lange, sorgfältig geplante Ermittlung, und sie zeigt, wie real die Bedrohung durch Terroristen aus dem eigenen Land ist“, zitiert die WELT brav den republikanischen Abgeordneten Peter King.
Die ganze Aktion erinnert allerdings fatal an die sagenumwobene Sauerländer Zelle, die auch intensiv ausgespäht wurde und der man auch unbrauchbaren Sprengstoff verschafft hat. Auch dort belegen Abhörprotokolle den infantilen Zustand der komischen Top-Terroristen.
Die Frage ist auch, ob nun die in aller Welt massenhaft vorhandenen Antiterrorspezialisten durch ihre verdeckten Operationen eben das schaffen, was sie bekämpfen – und wofür sie ja auch bezahlt werden? Wo liegt die Grenze zur Inszenierung? Will man den auch in Deutschland unglaublich angeschwollenen, aber zum Glück zumindest teilweise beschäftigungslosen Apparat rechtfertigen helfen?
Fakt ist: es gab keine Zeit, in der die BürgerInnen in diesem Land durch so viele Sicherheitsfachleute überwacht worden sind. Gleichzeitig pflegen diverse Innenminister das Bild des angeblich „zerbrechlichen, wehrlosen“ Staates. Man darf beruhigt sein. Eine Revolte irgendwelcher Extremisten, die über Terrorphantasien, Radau oder schlichtes Spektakel hinausgeht, gehört im modernen Staat längst in das Reich der politischen Romantik.
Nur langsam mehren sich kritische Stimmen. Der britischen TIMES wurde es nun endlich, angesichts des neuen Falles in den USA, zu bunt. Die Zeitung übernimmt die Verantwortung, die man von kritischen Medien erwartet. Sie hinterfrägt natürlich die Rolle des FBI und der hörigen Medien. Sie zitiert den in den Fall involvierten Rechtsanwalt Terence Kindlon mit den bezeichnenden Worten: „Die ganze Aktion war eine verrückte Verschwendung von Geld und Zeit“. Was der TIMES auch auffällt, ist die Not der amerikanischen Behörden zu rechtfertigen, warum sie Moscheen mit immer mehr Spitzeln unterwandert, obwohl jeder weiß, dass sich dort keine potentiellen Terroristen versammeln.
In einem hörenswerten Feature hat der engagierte DLF-Journalist Walter von Rossum (DLF: „Ein Käfig voller Enten“) die merkwürdigen Geschehnisse um die deutsche Sauerlandgruppe aufgearbeitet. Rossum analysiert u.a. eine Dokumentation der ARD („Terroristenjagd im Sauerland“) und wirft den Autoren vor, auffallend unkritisch, allein die Sicht der Sicherheitsbehörden übernommen zu haben. Wer etwas genauer hinschaut, und der außergewöhnliche Beitrag des DLF tut dies, wird ein gutes Dutzend ungeklärte Fragen aufzuarbeiten haben.