Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

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Nackt-Scannen

„Aber jetzt, wo ein Sicherheitsarbeiter ein unscharfes Bild vom nackten Körper erhält und der gläserne Bürger zum nackten Passagier wird, beginnt man sich zu genieren. Am Strand, in der Sauna, im Internet und auch sonst ist das Zeigen des nackten oder fast nackten Körpers kein Problem, sondern gerne schon einmal Pflicht, Vergnügen und Selbstverständlichkeit. Der nackte Körper selbst verrät sicherheitsstrategisch nichts, viel mehr dringt man in die Intimsphäre ein, wenn man Menschen belauscht, ihre Emails liest, ihre Wege verfolgt und die Kontakte aufzeichnet.“ (TP, Florian Rötzer)

Es schien wie eine weitere Spielart der Kollision von Sicherheitsinteressen und Menschenwürde. Neue Geräte sollen Passagiere bis auf die Haut durchleuchten. Alle am Körper befestigten Gegenstände – etwa versteckte Waffen – werden so sichtbar. Die Scanner sind probeweise auf Flughäfen in Amsterdam, Zürich und London im Einsatz.

Immerhin, in Deutschland sollen die umstrittenen „Nackt- Scanner“ auf Flughäfen nach dem Willen der Bundesregierung nicht zum Einsatz kommen. «Da kann ich Ihnen mit aller Klarheit sagen, dass wir diesen Unfug nicht mitmachen», sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums, Gabriele Hermani, am Freitag in Berlin.

Schon seit Jahren vermitteln strenge Sicherheitskontrollen das Verhältnis von „Schutz und Gehorsam“ an den Grenzen moderner Staaten. Wir sind brave Schafe. Wir wurden belehrt, dass unter uns immer auch ein Wolf im Schafspelz sein kann. An den Schleusen legen wir wortlos Gürtel ab, lassen uns durchsuchen, filmen, stehen unsicher in Strümpfen da. Hin und wieder fragen wir uns still, ob es dabei wirklich nur um Sicherheit geht oder vielmehr um die lautlose Erinnerung an das moderne Subordinationsverhältnis.

Ein Nacktscannen wäre jedenfalls ein weiterer Schritt zur Reduzierung unserer Würde auf reine Körperlichkeit, auf das „nackte Leben“. Natürlich geht es uns dabei noch privilegiert, immerhin „fliegen“ wir ja nach Europa, das von einem Limes umgeben ist und Tausende von Flüchtlingen, oft tatsächlich nackt, mit Nussschalen über das Mittelmeer erreichen wollen. Und, auf der anderen Seite, sind wir nicht eh schon alle „nackt“? Müssen wir uns nicht schon fortlaufend offenbaren, ausziehen, erklären – vor Steuerbehörden, Meldebehörden und Internetrecherchen?

Natürlich gibt es auch andere Verhältnisse von Macht und Nacktheit, die nicht so technisch daher kommen. Wir erinnern uns an das moderne Lager, wo rechtlose Überordnung sich im Recht, Nacktheit zu befehlen, zeigt. Wir sehen Nacktheit in unserer Konsumgesellschaft als Verkaufssimulierung oder als Recht auf den eigenen Körper und als angebliches Indiz der sexuellen Befreiung der Individuen.

Wir müssen beginnen mißtrauisch zu werden, wenn wir – sei es durch die Technik oder durch staatliche Macht – auf unseren „Körper“ reduziert werden. Denn, das ist sicher, hier ist immer unsere Freiheit im Ganzen betroffen.