In Potsdam gab es in den letzten Tagen – nach einer Nachfrage des CDU-Landtagsabgeordneten Petke an den Imam der „Studentenmoschee“ – eine interne Diskussion der Potsdamer Muslime über die Legitimität von Selbstmordattentaten und wie man sich dazu öffentlich stellen soll.
In diesem Punkt kann es mit uns keine Diskussion geben. In unserem Zentrum werden andere Positionen zu diesem Thema auch nicht geduldet. Im Schaukasten unserer Gemeinschaft in der Weinbergstraße hat Ahmad Gross deshalb öffentlich in Potsdam nochmals ganz klar und unmissverständlich unsere Position wiederholt:
Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen
„Wenn jemand einen Menschen tötet, ohne dass dieser einen Mord begangen hätte, oder ohne dass ein Unheil im Lande geschehen wäre, so soll es so sein, als hätte er die ganze Menschheit ermordet; und wenn jemand einem Menschen das Leben erhält, so soll es so sein, als hätte er der ganzen Menschheit das Leben erhalten.“ (Koran, Sure 5, Al-Ma’edah, Vers 32)
Selbstmordattentate sind durch nichts, durch kein noch so großes Unrecht, das einem zugefügt wird, zu rechtfertigen.
Unser Schöpfer ist es, der den Menschen ins Leben bringt. Wir kommen von Ihm, zu Ihm kehren wir alle zurück. Und nur Er ist berechtigt, uns dieses Leben wieder zu nehmen. Dem Menschen ist es kategorisch verboten, den Moment seines Todes selbst bestimmen zu wollen. Ein solcher Schritt ist eine verblendete Hybris und ein Frevel an Gott, ja ein Zeichen des Unglaubens! Die Muslime kennen den berühmten Koranvers: „Gott fordert von keiner Seele etwas über das hinaus, was sie zu leisten vermag.“ (Koran, Sure 2, Al-Baqara, Vers 286). Wer Selbstmord begeht, leugnet diese Wahrheit, denn seine Tat will aller Welt zeigen, dass sein Leben unerträglich war, d.h. er legt durch diese Tat nahe, dass Gott Sein Versprechen den Menschen gegenüber gebrochen hätte! – Wir nehmen unsere Zuflucht zu Gott vor solcher Verirrung und solchem Glaubensfrevel.
Muslime, die Selbstmordattentate bzw. Gewalt gegen Kinder, Frauen, Schwache und Unschuldige – unter welcher Begründung auch immer – legitimieren, fördern oder gar selbst begehen, stellen sich diametral gegen Gottes Willen und gegen das Vorbild Seines Propheten Muhammad, Friede sei mit ihm. Der Islam entfesselt den Krieg nicht, sondern schränkt ihn drastisch ein. Der Koran erlaubt es einem Volk sich im Falle einer Okkupation zu verteidigen, der Zweck heiligt jedoch keineswegs jedes Mittel.
Muslime, die glauben, dass ihre Verzweiflung jede Tat legitimiert, weil sie die Welt so auf das schreiende Unrecht ihrer Lage aufmerksam machen, überschreiten massiv die Grenzen und Gebote des Islam, d.h. des Koran und der Sunna (normative Lebenspraxis) des Propheten Muhammad, Friede sei mit ihm. Wer diese schützenden Regeln des Islam verlässt, verletzt den Willen Gottes in Koran und Sunna. Er entscheidet sich gegen die Ergebung in Gottes Willen, für die Willkür menschlichen Meinens und für den unweigerlichen Misserfolg dieser Mittel, die Gott verbietet. Wer den Islam lebt, hat Ergebung, Barmherzigkeit, ein Leben in sozialer Gerechtigkeit, persönliches Glück und spirituelle Erfüllung. Muslime haben faszinierende Lösungsansätze für die drängenden sozialen Fragen dieser Gesellschaft.
Wie zu allen Zeiten werden wir Muslime auch heute in unserem Glauben geprüft. Selbstmordattentate sind ein Zeichen ideologischer Verblendung und eine Schande, die irregeleitete Muslime auf den Islam bringen. Muslimische Gelehrte, die Selbstmordattentate – wider besseres Wissen – durch die Hintertür als „extreme Selbstverteidigungsmaßnahme aus Verzweiflung“ „islamisch“ legitimieren, missbrauchen ihre Lehrautorität und müssen aufs Entschiedenste an die Prioritäten und Glaubensgrundlagen des Islam erinnert werden. Jeder Muslim weiß, dass uns Erfolg und Segen immer dann garantiert sind, wenn wir der Lebenspraxis des Propheten Muhammad folgen. Wer sagt, dass das heute nicht mehr gelte, leugnet Gottes Wort und das Vorbild Seines Propheten, Friede sei mit ihm. Wir nehmen unsere Zuflucht vor solcher Anmaßung und Verblendung bei Gott, dem Schöpfer und Herrn der Welten, dem Herrn des Gerichtstages, dem Barmherzigen und Vergebenden.
„Und die Feindseligkeit eines Volkes soll euch nicht verleiten, anders denn gerecht zu handeln. Seid gerecht, denn das ist näher der Ehrfurcht vor Gott.“ (Koran, Sure 5, Al-Ma’edah, Vers 8)