Ein Gericht beendet endlich die einseitige und anmaßende Deutungshoheit von Annette Schavan. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat einer muslimischen Lehrerin das Tragen eines Kopftuchs während des Unterrichts erlaubt. Eine gegenteilige Anweisung des Landes Baden-Württemberg verstoße in ihrem Fall gegen den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz und gegen die EU-Menschenrechtskonvention, urteilte das Verwaltungsgericht am Freitag. Die 1984 zum Islam übergetretene 55-jährige Deutsche, die seit 1976 an einer Stuttgarter Grund- und Hauptschule unterrichtet, hatte gegen die Landesanweisung geklagt.
Zur Begründung führte das Gericht aus, im Land würden Ordensschwestern in Tracht unbeanstandet an einer staatlichen Schule in Lichtenthal bei Baden-Baden unterrichten. Somit müsse auch der Stuttgarter Lehrerin, die mit dem Kopftuch ihre Schultern nicht bedecke und dieses wie eine Mütze binde, das Tragen dieses Kleidungsstücks zugestanden werden. Zudem gefährdet die Lehrerin nach Auffassung des Gerichts nicht konkret den Schulfrieden.
Grundsätzlich erklärte das Gericht aber das Kopftuchgesetz, das Baden-Württemberg 2004 als bundesweit erstes Land einführte, für rechtmäßig. Im Südweststaat gilt für Lehrerinnen während des Unterrichts ein Verbot des Kopftuchs, weil dieses nicht nur religiös, sondern auch politisch interpretierbare Symbol den Schulfrieden gefährden könne.