Und (gedenkt,) als Ibrāhīm die Grundmauern des Hauses errichtete, zusammen mit Ismāʿīl, (da beteten sie): „Unser Herr, nimm (es) von uns an. Du bist ja der Allhörende und Allwissende. (2:127)
Eine 'Umra, eine Reise nach Mekka und Medina, ist immer wieder ein Ereignis. Hier am „Haus Allahs“, im harmonischen Zusammensein mit tausenden anderen Muslimen, versteht man wohl die Gesetzlichkeiten der Schöpfung und die „condition humaine“ am Besten.
In Mekka erinnern wir uns an unsere völlige Angewiesenheit auf jede Versorgung durch Allah, richten unsere Bittgebete an den Schöpfer, verstehen, nach jedem Gebet – das dort ja allzu oft von Totengebeten begleitet wird – unsere eigene, fundamentale Endlichkeit. Kommt man am diesem Haus an, mündet die eigene Existenz in das einfache Kreisen um unseren Ursprung, lösen sich die gewohnten Gegensätze auf. Hier ist niemand gegen irgendetwas. An diesem Ort fühlen und verhalten sich alle Menschen, egal woher sie stammen und unabhängig von der ihrer Verweildauer, wie Gäste.
Der Ritus der 'Umra verbindet auf der Reflexionsebene die verschiedensten Einsichten über das Dasein, die Zeit, die Geschichte und den Raum. Das Zusammenspiel der Zeitebenen lässt sich hier erleben, die Zeit, die die Schöpfung zu ihrem Vollzug benötigte, die jahrhundertealte Geschichte der Menschen und ihrer Völker, die wir hier als Pilger repräsentieren, bis hin zur Erfahrung der eigenen Zeitlichkeit, die uns durch unsere Hände rinnt. Mit festem Blick auf das Haus Allahs sind wir eingeräumt in die Welt, in die Schöpfungsgeschichte und das kosmische Geschehen, dass uns alle umgibt.
In Medina erzählt mir mein Gastgeber über die komplexe Geschichte der Stadt. Es ist ein älterer Herr, der die Emotionen jederzeit im Zaum hält und immer ernst und würdig wirkt. Seine Geschichte ist einfach erzählt: Alles in dieser heiligen Stadt ist und wurde bewegt durch die Präsenz des Propheten und der Generationen, die ihm bis heute folgen. Selbst die Berge sind stumme Zeugen. Mit nüchterner Trunkenheit zeigt mir der Reiseführer die berühmten Schlachtfelder, die Moschee mit den beiden Qiblas, das Geburtshaus des Propheten und das Grab Imam Maliks. Seine eigener Stamm reicht zurück bis in die Zeit des Propheten. Wenn immer einer der Namen der Vorfahren fällt, so erklärt er mir beinahe entschuldigend, als seine Stimme einmal kurz stockt, dann werden seine Augen feucht.