„Gibt es Parallelen zwischen Osama Bin Laden und Klaus Zumwinkel?“ Maybrit Illner in Berlin-Mitte
Kurt Beck ist ein politisches Schwergewicht und ein Instinktpolitiker. Im Stern attackiert er das kleine Liechtenstein, dass für ihn eine neue Form des Raubrittertums darstellt. „Bankraub ist eine Unternehmung von Dilettanten. Wahre Profis gründen eine Bank“, zitiert der SPD-Vorsitzenden in einem Nebensatz sogar den guten alten Bertolt Brecht. Die Moralfrage ist aber auch für Beck keine Systemfrage mehr, sondern eher eine persönliche Frage nach der Motivation des Oberpostboten Zumwinkel. Die begünstigende Rolle der Politik für das Entstehen eines entfesselten, globalen Wirtschaftsraumes problematisiert er nicht. Seine Stoßrichtung gegen die reichen Dekadenten im Lande lenkt ganz nebenbei den Zorn des Bürgers, der sich auch an der Tanksäule über staatliches Raubrittertum beklagen könnte, auf den neuen Feind.
Während die Steueroasen versuchen, ihre Zugbrücken hochzuziehen, findet man im Internet nüchterne Beschreibungen eines bedenklichen Zustands jenseits der Politik. Immer mehr Menschen ahnen, dass die ökonomische Globalisierung auf sehr dünnem Eis gebaut ist. Nouriel Roubini ist ein US-amerikanischer Nationalökonom und Professor an der Stern School of Business in New York City und Gründer und Vorsitzender von Roubini Global Economics LLC, eine der führenden Anbieter für Kapitalmarkt und Wirtschaftsinformationen.
Als er im Sommer 2006 eine Rezession in den USA ankündigte, wurde er noch als „Miesmacher“ belächelt. Inzwischen sind seine Kritiker ruhiger geworden. Er aber wurde weit über die amerikanischen Landesgrenzen bekannt. Im Internet macht er in den USA mit einem 12-Punkte Untergangsszenario Furore. Je nach ökonomischer Glaubensschule (….man muss schon einer dieser Schulen angehören, um die komplexe neuartige Sekten-Terminologie erklärt zu bekommen) wird sein Titel „Das wachsende Risiko eines Supergaus im Finanzsektor: zwölf Schritte in den Untergang“ heftig diskutiert. Der Text rührt Gaubensfragen an. Für die Einen ist naturgemäß das Szenario übertrieben („Untergangsprophet“), für die Anderen untertrieben („Realist“):
Seine „zwölf Schritte in den Untergang“ hören sich so an:
Erstens: Die USA erleben am Wohnungsmarkt die schlimmste Krise ihrer Geschichte. Die Preise werden noch um zehn bis 20 Prozent fallen, so dass sich die Buchverluste am Ende auf 4000 bis 6000 Mrd. Dollar belaufen werden. Es kommt zu einer Welle von Konkursen, die fast alle Akteure an diesem Markt erfasst.
Zweitens: Die Verluste aus dem Subprime-Desaster könnten bis zu 300 Mrd. Dollar erreichen. Inzwischen sind auch Hypotheken mit besserer Bonität in den Strudel geraten, sodass wir es mit einer allgemeinen Krise zu tun haben.
Drittens: Die Rezession führt im Zusammenhang mit Kreditkarten, Autokrediten und Studiendarlehen zu weiteren Konkursen. Auch diese Darlehen sind oft verbrieft worden und tragen wegen der Wertberichtigungen zu den Verlusten der Banken bei, nicht nur bei den großen, sondern auch bei den kleinen.
Viertens: Die sogenannten Monolines, die Versicherer von verbrieften Krediten, könnten viel größere Verluste erleiden als die bisher genannten zehn bis 15 Mrd. Dollar. Das wird bei ihnen zu weiteren Kapitalaufstockungen oder Downratings führen, was wiederum den Abschreibungsbedarf bei den Haltern der verbrieften Kredite um ein Mehrfaches erhöht.
Fünftes: An den Märkten für gewerbliche Immobilien waren die Praktiken bei der Kreditvergabe ebenso verantwortungslos wie im Wohnungsbau. Inzwischen ist der Markt zum Stillstand gekommen.
Sechstens: Es ist nicht unwahrscheinlich, dass bald eine große Bank Konkurs anmelden muss, so wie das schon über 200 Subprime-Institute tun mussten. Anleger würden in Panik geraten. Da eine solche Bank „too big to fail“ sein würde, muss der Staat einspringen.
Siebtens: Banken haben es immer schwerer, ihre „leveraged loans“ zu syndizieren, also auf mehrere Schultern zu verteilen und sie zu verbriefen. Die Kredite stehen jetzt in den Bilanzen der Banken und müssen ebenfalls stark abgeschrieben werden. Auch hier geht es um Hunderte Milliarden Dollar.
Achtens: In einer echten Rezession steigt die Anzahl der Unternehmenskonkurse steil an und mit ihr die Risikoscheu der Käufer von Unternehmensanleihen. Bisher waren die Risikoaufschläge (gegenüber Staatsanleihen) geradezu lächerlich niedrig. Das ändert sich gerade dramatisch. Die Refinanzierung wird viel teurer als bisher, und die Investitionspläne der Unternehmen werden zusammengestrichen.
Neuntens: Die „Schattenbanken“ werden schon bald in Schwierigkeiten geraten. Es handelt sich dabei um Geldmarktfonds, Investment-Banken, Hedgefonds, Private Equity Fonds und andere Finanzinstitutionen, die offiziell keine Banken sind. Sie haben jetzt zunehmend Liquiditätsprobleme. Zugang zu den Mitteln der Zentralbank haben sie allesamt nicht. In dem Maße, wie der Geldmarkt, an dem sie als Schuldner auftreten, wegen der zunehmenden Risikoscheu selektiver wird, sind sie zu Notverkäufen gezwungen. Das verschärft die Talfahrt an den inländischen und ausländischen Märkten, an denen sie als Anleger auftreten. Zahlreiche dieser Nicht-Bank-Banken werden in Konkurs gehen.
Zehntens: Die weltweiten Aktienmärkte beginnen, sich auf eine US-Rezession einzustellen. In einer solchen Talsohle verliert der S&P 500 im Durchschnitt 28 Prozent.
Elftens: Die sich verschärfende Kreditklemme führt zu einem Austrocknen der Liquidität in vielen Märkten. Das Vertrauen in die Gegenparteien schwindet, die Prämien für liquide Mittel werden steigen. Da die Kreditrisiken als hoch empfunden werden, helfen die sehr großzügige Versorgung der Märkte mit Zentralbankgeld und die Zinssenkungen der Fed nur bedingt.
Zwölftens: Es kommt zu einem Teufelskreis von Verlusten, Kreditkontraktion und Notverkäufen von Aktiva, und das zu Preisen, die unter den inneren Werten liegen.