„Am Ende siegt immer die Wahrheit. Doch leider sind wir erst am Anfang“, hat einmal ein kluger Kopf formuliert. Die Wahrheit zu suchen ist nicht nur eine Kernbeschäftigung des Menschen, sondern auch ein schweres Geschäft. Die öffentliche Meinung ist heute bei Themen, die eigentlich eine ausführliche Beschäftigung und originäre Urteilskraft erfordern, so auch dem Islam oder der Globalisierungsbewegung, leicht zu manipulieren. Ein gutes Beispiel ist der G8-Gipfel in Heiligendamm. Heute ist man auch hier klüger, auch wenn es nur noch wenige interessiert. Sogar seriöse Presseagenturen haben Falschmeldungen über das Ausmaß der Gewalt und die Zahl der verletzten Polizisten in Heiligendamm produziert. Das muss Konsequenzen haben, fordert nun nicht nur dju-Vorstandsmitglied Michael Backmund in der taz.
Die dju war mit Beobachtern vor Ort und hat selbst recherchiert. Die öffentliche Meinung hat sich aber so schnell gebildet, dass es auch für Augenzeugen schwer war, zu korrigieren. So hätte sich das vielbesungene Zitat des Globalisierungskritikers Walden Bello bei eigener Recherche schnell als falsch erwiesen. Dpa hatte gemeldet, er hätte am Samstag bei seiner Rede gesagt, man solle den Krieg in die Demonstration tragen – das war frei erfunden, hat aber das „Bild“ der Demo massiv geprägt. In der BILD Heißt es dann auf der Kundgebungs-Bühne stachelt ein Redner die militante Szene noch auf: „Wir müssen den Krieg in diese Demonstration rein tragen. Mit friedlichen Mitteln erreichen wir nichts.”
Es gibt noch andere Beispiele. Am Samstag war von 433 verletzten Polizisten die Rede, davon mindestens 32 Schwerverletzten. In Wahrheit wurden rund 158 Beamte behandelt, zwei davon stationär, nur einer blieb über Nacht in der Klinik. Also keine Schwerverletzten, die meisten wurden sogar durch ihr eigenes CS-Gas verletzt. Viele Medien haben diese falschen Zahlen übernommen, ohne sie zu prüfen und ohne die Quelle anzugeben. Andere gingen einfach von einer Eigenrecherche der Agenturen aus. Sie haben diese Nachrichten übernommen, weil die Agenturen hohe Glaubwürdigkeit genießen. Weltweit wurde so ein Millionenpublikum falsch informiert.
Dass digitale Bilder auch lügen können, ist eine „alte Sensation“. Die Auswahl, Festsetzung und Pointierung von Bildern ist selbst nichts anderes als Wille zur Macht. Martin Heidegger hat in seinem Aufsatz „Die Zeit des Weltbildes“ einige Gedanken zur subjektiven Macht der Bilder geliefert. „Weltbild, wesentlich verstanden“, schreibt Heidegger, „meint daher nicht ein Bild von der Welt, sondern die Welt als Bild begriffen.“ Das Bild ist im Denken der Moderne kein Abbild von etwas mehr, das Dinge und Lebewesen originalgetreu nachzeichnet, sondern ein Modell, über das der Mensch verfügt und in dem er seine Korrekturen anbringt. Im Bild wird die Welt ästhetisiert und das Original, das Leben sozusagen, marginal.