Politisch war schon länger kein klares Konzept mehr zu erkennen. Stefan Aust wirkte ein wenig wie der Karl Lagerfeld des Journalismus. Qualität wich „von der Stange“. Man konnte sich vorstellen wie der SPIEGEL-Chefredakteur in seinem Büro saß und gelangweilt die Verkaufszahlen an der Wand betrachtete. Hierher passte auch die Entscheidung, das Hauptstadtbüro in die Hände von Gabor Steingart zu legen und damit einen neoliberalen Kurs einzuschlagen. Auch beim Thema Islam ging es weniger um intellektuelle Tiefe. Es wurde gemäß einer profanen Verkaufslogik einfach immer wieder publiziert, was sich eben am besten verkaufen lässt.
Nach monatelangem Ringen trennt sich nun der SPIEGEL zum 31.12.2008 von seinem langjährigen Chefredakteur. Über zehn Jahre, seit 1994 hatte Stefan Aust dieses Amt inne. Kurz nach Verlautbarung der Meldung sind beim irischen Buchmacher Paddy Power die ersten Wetten eingegangen: Was macht der gelernte Fernsehjournalist und Pferdegutbesitzer als Nächstes?
Bei den Buchmachern wird bezeichnenderweise ein Wechsel zum Axel Springer Verlag mit einer Quote von 3,00 favorisiert. Vielleicht tritt der 61-jährige aber auch beruflich kürzer und nimmt sich mehr Zeit für sein Pferdegestüt: Die Quote für Aust als hauptberuflichen Pferdezüchter liegt bei 8,00. Wahrscheinlicher mit einer Quote von 7,00 ist aus Buchmachersicht da schon ein Wechsel von Stefan Aust zum Focus. Dass er sich 2009 auf den Jakobsweg begibt, glauben die Buchmacher von Paddy Power jedoch weniger (Quote 16,00).
