Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Relevanz

„Der Dollar verdient das Vertrauen, weil er es sonst verliert. (…) Der Dollar ist stark, weil nur das gegen seine Schwäche hilft. Die Gefahr eines globalen Crashs ist so groß geworden, dass nur noch Missachtung der Gefahr die Chance wahrt, dass der Crash ausbleiben könnte, so wie er bisher ausgeblieben ist. Die Verbindlichkeiten in der globalen Finanzwirtschaft sind diesem Verhaltensmuster nachgebildet.“ (Frank Böckelmann, TP)

Während wir einen beachtlichen Hype angesichts der Festnahmen auch deutscher Muslime erleben, hat sich die eigentliche dunkle Wolke, die über unserer Zeit liegt, natürlich nicht von Geisterhand aufgelöst. Es gehört zur muslimischen Aufklärung, dass es kein endloses Wachstum gibt und dass Geld einen realen Gegenwert repräsentieren muss. Das Kernproblem der globalen Demokratien ist daher letztendlich nicht die Horde der Terroristen, wohl aber die ökonomische Zukunft und die Nachhaltigkeit des Wohlstandes, auf dem unsere Gesellschaften beruhen. Die Inflation von Sicherheitsgesetzen, die der Terrorist auslöst und uns alle betrifft, muss jedem Sorge machen, der die Apparatur der Staaten als etwas Dynamisches ansieht, dass sich dem Maß des Menschen auch entziehen kann.

Man kann sich dem Eindruck nicht erwehren, dass die Dialektik gegen den Islam auch von diesen fragilen Grundlagen der modernen Gesellschaft ablenken will. Die Isolation der Muslime und ihres Wissens, die Ausgrenzung der muslimischen Intelligenz, überhaupt die Ausgrenzung relevanter muslimischer Argumente aus der Debatte, verhindert somit die eigentlich nötige Selbstreflexion über den Zustand unseres Gemeinwesens. Schade ist auch, dass die sogenannten Intellektuellen sich dem direkten Kontakt mit Muslimen entziehen. Sogar hochangesehene Zeitungen berichten mit „heißer Feder“ über unbescholtene deutsche Muslime und verbrecherische Terroristen in einem einzigen Artikel. Früher hätte es statt dieser de facto Diskriminierung, neben einer gründlichen Recherche auch zwei verschiedene Artikel gegeben.

Merkwürdig sind auch Beiträge des Terrorgurus, der, nach dem er in den USA auf höchst zynische Weise Angst und Schrecken verbreitet hat, nun genau diese Amerikaner zum Islam einlädt. Auf gewohnt armen Niveau dient der Alte aus der Höhle mit seiner „Kapitalismuskritik“ nur noch zur Assoziierung genau dieser Kritik mit dem Terrorismus. Erfreulicherweise gibt es noch viele Europäer die wie Archäologen die eigentliche Botschaft, Substanz und Bedeutung des Islam unter einigermaßen widrigen Umständen erfolgreich freilegen. Die neuen Muslime, die ich kennengelernt habe, entsprechen übrigens kaum dem sorgsam gepflegten öffentlichen Bild eines merkwürdigen Außenseiters oder Außenseiterin.

Schlichter Unsinn ist auch die abenteuerliche These neue Muslime müssten ihren Islam besonders intensiv praktizieren und Anderen ihre Loyalität zum Islam beweisen. Dies mag in Ausnahmefällen vorkommen, besonders dann, wenn man sich mit verbitterten Puritanern sozialisiert, die, mit tausenden Hadithen „bewaffnet“, nichts anderes tun, als sich 24 Stunden gegenseitig auf religiöse Fehler zu belauern. Ansonsten gilt aber für den deutschen Muslim wie für jeden Muslim, fünfmal am Tag zu beten, die Zakat zu bezahlen, zu Fasten und die Pilgerreise zu vollziehen, wenn man kann. Diese einfachen religiösen Verpflichtungen kann man auch gar nicht radikal oder liberal ausüben, sondern nur korrekt erfüllen.