„Es gibt kein nacktes Leben, keinen externen Standpunkt, der sich außerhalb des monetären Raums gestalten ließe; dem Geld entgeht nichts. (…) Die großen Industrie- und Finanzmächte produzieren nicht nur Waren, sondern auch Subjektivitäten. Sie produzieren Agenzien innerhalb des biopolitischen Zusammenhangs: Bedürfnisse, soziale Verhältnisse, Körper und Intellekte – sie produzieren mithin Produzenten.“(Hardt und Negri in ihrem Buch „Empire“)
Peter Sloterdijk, beantwortet die Frage, wie man den Liberalismus und die Freiheit „spirituell“ retten kann wie folgt:
„Er könnte nur gerettet werden um einen paradoxen Preis, nämlich durch eine Allianz zwischen Demokratie und Askese, das heißt eine freiwillige Hinnahme von Wettbewerbsnachteilen. Das würde bedeuten, es müsste so etwas wie eine großeuropäische Geusen-Politik auftauchen, wie seinerzeit gegenüber dem spanischen Hegemonialanspruch. Die imperialen Spanier wollten im 16. und 17. Jahrhundert ihre Herrschaft bis in die Niederlande ausdehnen. Die entsprechende Résistance – die Geusen – gab den Slogan aus: „Lieber tot als Sklave“, was man heute übersetzen müsste mit: „Lieber arm als unfrei.“
„Lieber arm als Unfrei“ – Sloterdijk sagt dies mit leicht ironischem Unterton, weiß er doch das die Askese als ein gesellschaftliches Prinzip in einer Konsumgesellschaft nur schwer zu denken und in der modernen Demokratie wohl kaum mehrheitsfähig ist. Sein Lehrer Martin Heidegger hat die Not des Menschen in dürftiger Zeit noch fundamentaler zusammengefasst:
„Überall gibt es Erschütterungen, Krisen, Katastrophen, Nöte: das heutige Elend, die politische Wirrnis, die Ohnmacht der Wissenschaft, die Aushöhlung der Kunst, die Bodenlosigkeit der Philosophie, die Unkraft der Religion. Gewiß, Nöte gibt es überall. Gegen diese Nöte werden Programme, Parteien, Maßnahmen aufgeboten, es gibt Geschäftigkeiten aller Art.“ „Aber“, so Heidegger, „diese zappelnde Notwehr gegen die Nöte lässt gerade eine Not im Ganzen nicht aufkommen.“
Das Scheitern der Grünen Bewegung, die sich der Zerstörung der Schöpfung – mit dem Versuch eine gute Technik der bösen Technik entgegenzusetzen – erwehren wollte beschreibt Slavoj Zizek:
„Die ökologische Bewegung hat es absolut einsichtig gemacht, den Weltuntergang für höchst realistisch zu halten. Gleichzeitig aber kann sich keiner mehr auch nur kleinste Veränderungen des Wirtschaftssystems vorstellen. Die Endlichkeit der Welt mag realistisch sein, der Kapitalismus ist ewig.“
Mit anderen Worten: Martin Heidegger und die europäische Philosophie ist pessimistisch, ob der Mensch – sozusagen in eigener Regie und ohne eine Offenbarung – das Ruder herumreißen kann. Die Lage ist einigermaßen dramatisch, denn so Heidegger, man kann überhaupt keine Lösung „machen“ oder gar eine Lösung ideologisch oder politisch erzwingen. Die alte politische Idee, Macht sei organisierter Wille und die Idee der Parteien, je mehr Menschen die Partei organisiert desto mächtiger ist sie, funktioniert so nicht mehr. So schreibt er:
„Kein menschliches Rechnen und Machen kann von sich aus und durch sich allein eine Wende des gegenwärtigen Weltzustandes bringen; schon deshalb nicht, weil die menschliche Machenschaft von diesem Weltzustand geprägt und ihm verfallen ist. Wie soll sie dann je noch seiner Herr werden?“ (Martin Heidegger, Briefwechsel mit Kästner)