Die „Tagesschau“ ist heute abend einigermaßen trostlos. Der Wahnsinn der Selbstmordattentate zeigt sich in den nihilistischen Bilder der Zerstörung und willkürlichen Auslöschung. Man ahnt, dass John Gray Recht hat, der das geheimnisvoll gleichförmige(Un-)Wesen moderner Ideologien darin sieht, dass sie glauben durch die Auslöschung ihrer Feinde würde die Welt besser oder gerechter.
Dann Bilder vom Kanzler, der ganz herzig mit dem Hund von Herrn Putin am Meer spielt. Dann aber wieder ganz der ernste Staatsmann mit Wirtschaftskompetenz. Man spricht von Hoffnungen der erweiterten Ölförderung und ein wenig über die lästige Tschetschenienpolitik. Da Russland mehr Öl fördert zeigt sich der Kanzler in russischen Demokratiefragen großzügig: die Wahl in Grosny war aus seiner Sicht „störungsfrei“. Deutsche Außenpolitik und der vielbeschworene Einsatz für die Menschenrechte wirkt immer dann besonders banal, wenn man – wie in Russland – tatsächlich „Einfluss“ hätte.
Etwas mehr Tiefgang bieten heute die Printmedien des Landes. Schwäbisch scharfzüngig die „Stuttgarter Zeitung“:
„Gerhard Schröder vermag an einem Urnengang im Angesicht russischer Gewehrläufe offenbar nichts Anstößiges zu erkennen. Schröder greift lieber zu der wohlfeilen Floskel von der kritischen Solidarität, zu der Regierungschefs gerne Zuflucht nehmen, wenn es um den Umgang mit Despoten geht. Er macht sich dankbar Putins verlogene Formel zu Eigen, der sein Vorgehen in Tschetschenien als Teil des internationalen Kampfes gegen den Terrorismus zu legitimieren versucht. Gerhard Schröder setzt die Tradition des Leisetretens gegenüber den Herren im Kreml unbeirrt fort.“
Besonders tiefsinnig wird es noch tiefer im Süden, wo der „Schwarzwaldbote“ aus dem idyllischen Oberndorf das Grundsätzliche in ganz einfacher Sprache denkt:
„Deutschland, ein einziger Schuldenstaat? Viele leben über ihre Verhältnisse, was ihnen auch ausgesprochen leicht gemacht wird. Der Handel lockt mit bequemer Ratenzahlung, der Kunde erliegt den Versuchungen, kann die finanzielle Last dann doch nicht schultern, und die Schuldenfalle schnappt zu. Der Staat wird nie vom Pleitegeier gefressen, der Privatmann indes landet vor dem Kadi. Es ist schon etwas Wahres dran: Die ganze Republik lebt auf zu großem Fuß. Die Politik macht’s ja vor.“
Die Politik – um nochmals auf die Tagesschau zurückzukommen – wird wohl, neben der oben angesprochenen Wirtschaftskompetenz, immer mehr schlichte Schuldenverwaltung. Gewohnt lapidar präsentiert Herr Eichel vor dem noch kostenlosen Wetterbericht neue Löcher und alte Schuldenberge. Die Zinskosten für die Schulden des Bundes im Jahr 2005 werden 41,2 Milliarden Euro betragen. Noch ist das der zweitgrößte Posten des Haushalts. Das Wetter -so tröstet die Tagesschau dann doch – soll aber bald besser werden.