„Mancher findet sein Herz nicht eher, als bis er seinen Kopf verliert.“ Friedrich Nietzsche (1844-1900)
Im Werk von Schaikh ‚Uthman Dan Fodio findet sich eine wunderschöne Beschreibung über das Gebet. Schon der Titel „Die Aufmerksamkeit des Herzens“ deutet darauf hin, dass das Herz das eigentliche Erkenntnisorgan des Muslims ist. Der Text stärkt auch die Überzeugung, dass kein Wandel der Welt möglich ist ohne den Wandel des Herzens. Muslime müssen – wie das im Koran Dutzende Mal anempfohlen ist – Gebet und Zakat etablieren.
Hier der Text:
Es ist verpflichtend für denjenigen, der seine rituelle Reinigung [notwendig vor dem Gebet] vollzieht, dass sein Herz aufmerksam dabei bleibt, dass er oder sie sich auf den Eintritt in die Gegenwart des Königs vorbereitet, dem sich alle weltlichen Könige unterwerfen und ergeben. An diesem Augenblick sollte er die Absicht fassen, sein Herz von allen unnötigen Dingen zu befreien.
Wenn man den Ruf zum Gebet hört, sollte man jede Tätigkeit ruhen lassen und sich auf den Weg zu einem Ort der Anbetung machen. Wenn man sich dann zum Gebet aufstellt, sollte man jede Beschäftigung mit der Welt aus seinem Herzen entfernen. Dann sollte sich der oder die Anbetende in die Gebetsrichtung mit der Absicht aufstellen, den Befehlen Allahs zu folgen, indem man sich vollkommen der Anbetung widmet. Danach folgt das Takbir [Das Aussprechen der Formel „Allahu Akbar“, das heißt Allah ist größer], mit dem man beabsichtigt, ein bestimmtes Gebet zu verrichten. Diese Absicht sollte gefasst werden, während die Hände gehoben und gesenkt werden. Davon sollte die Absicht begleitet werden, alle weltlichen Angelegenheit auszugrenzen.
Danach preist der Betende Allah mit den Worten „Alles Lob gebührt Allah“, mit dem Lobpreis aller erschaffenen Wesen, die Ihn preisen. Danach sagt man „Dem Herrn der Welten“, das heißt dem Herrn ihrer Existenz, ihrer Anzahl und ihrer Seinsweisen. Er ist der Eine, verantwortlich für die Vollendung und Erhaltung aller Dinge. Dann sagt der oder die Anbetende „Dem Barmherzigen, dem Allerbarmer“, mit all der Vielzahl Seiner weltlichen Segnungen und der Segnungen, die Er im Jenseits bereit hält. Die betende Person sollte ein Bewusstsein aller Geschenke haben, für die sie dankbar sein muss. Dann sagt man „Dem König am Tag des Gerichts“, das heißt dem Tag der Belohnung. Man sollte sich im Herzen die Schrecken und die Bedingungen vom Tage der Auferstehung gegenwärtig sein.
Danach wird Allah und die vollkommene Dienerschaft Ihm gegenüber durch die Worte „Du bist es“, allein, „den wir anbeten“ anerkannt. Diese Aussage negiert jegliche Beigesellung (Schirk) zu Allah. Dann erkennt der Betende seine eigene Unfähigkeit und Machtlosigkeit an, Allah ohne Seine göttliche Unterstützung anbeten zu können, und dieser bittet Ihn aufrichtig durch seine Worte, „und Dich (allein) bitten wir um Hilfe.“ Das bedeutet, dass wir Deiner Hilfe bedürfen, um aufrecht in unseren Gebeten und anderswo mit Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit sein zu können.
Dann bittet der oder die Anbetende mit folgenden Worten darum, dass die gewünschte Hilfe Allahs bis zur endgültigen Begegnung mit Ihm anhält: „Führe uns den geraden Weg.“ Dies bedeutet, verwurzele uns fest auf dem Weg des Glaubens (Iman), der Ergebung (Islam) und der spirituellen Perfektion (Ihsan). Denn dieser Weg ist der Weg derer, „denen Du Gnade erwiesen hast“, unter den Propheten, den Meistern der Wahrheit, den Bezeugenden und den Rechtgeleiteten. Und „nicht (den Weg) derer, die (Deinen) Zorn erregt haben, und nicht (den Weg) der Irregehenden.“
Danach sollte der oder die Anbetende einen weiteren Teil des Qur’an rezitieren [betrifft nur die ersten beiden Gebetsabläufe]. Er sollte sein Herz in dem Bewusstsein halten, dass sein Herr zu ihm spricht – in Abschnitten der Befehle, Verbote, Versprechen, guten Nachrichten und Warnungen. Er sollte zu Beginn einen Eid vor seinem Herrn schwören, dass er Seinen Befehlen folgt, seine Verbote meidet, dass er dankbar ist für Seine guten Nachrichten, dass er Vergebung sucht vor Seinen Warnungen und dass er aufmerksam ist bei Seinen Gleichnissen. Man muss sich fürchten vor dem, was Allah mit jenen gemacht hat, die zerstört wurden und bei Ihm Schutz suchen vor deren Zuständen. Man sollte auch auf die Geschenke für die Erfolgreichen hoffen, denen Allah Geschenke gewährt hat.
Der oder die Anbetende sollte bei der Verbeugung im Gebet die Unterwerfung und die Demut in seinem oder ihrem Herzen steigern, denn sein oder ihr Herr hat die Erlaubnis vom Eintritt in Seine majestätische Gegenwart erteilt. Mit jeder Bewegung erfolgt auch die Erhöhung von Allah [Takbir], denn Allah ist größer als jede angesehene Sache. In der Verbeugung wird Allah verherrlicht mit den Worten „Verherrlich sei mein Herr, der Mächtige“, oder etwas vergleichbarem.
Dann erhebt man sich von der Verbeugung und ist sich bewusst, dass Allah die Lobpreisung derjenigen anerkennt, die Ihn mit den Worten „Allah hört den, der Ihn verherrlicht“ preisen. Dann folgen die Worte „Unser Herr, Dir gilt die Lobpreisung“. Danach werfen wir uns nieder in dem Wissen, dass unser Herr sich uns genähert hat. In der Niederwerfung können wir unseren Herren um alles bitten, was wir möchten. Jedoch ist es verpflichtend für den oder die Anbetende/n, vor der Bitte um etwas, im inneren ihres oder seines Herzen die Nähe und die Zufriedenheit Allahs zu suchen.
Während des Sitzens muss man sich vergegenwärtigen, dass man in der Anwesenheit Allahs sitzt und vor Seinem Gesandten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben. Dann erhebt man Allah mit der Aussage „die Grüße gebühren Allah“, das heißt mit dieser Verherrlichung. Dann sagt man „die Reinheit gebührt Allah“, das heißt, alle äußerlichen Eigenschaften der Perfektion und alle ausgezeichneten Worte und Handlungen. Dies wird weiter erklärt durch die Worte „Ausgezeichnete Gebete gebühren Allah“ und zwar deshalb, weil das Gebet aus Worten und Handlungen besteht. Aufgrund der Ehre Allahs und der Achtung Ihm gegenüber werden alle Grüße, reinen Worte und Taten während des Gebets auf Allah hin ausgerichtet.
Dann lobt der oder die Anbetende den Propheten Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, mit den Worten „Friede sei mit dir“, das heißt, möge die höchste Wertschätzung Allahs mit dir sein, und dann „O Prophet und die Barmherzigkeit Allahs und Sein Segen.“ Dann sucht man Vergebung und Schutz für alle Muslime mit den Worten „Friede sei auf uns und auf die rechtschaffenen Diener Allahs“. Dann bezeugt man die Einheit und Einzigartigkeit Allahs und das Prophetentum des Gesandten, indem man sich der profunden Bedeutung der Worte „Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt, außer Allah, und ich bezeuge, dass Muhammad Sein Gesandter ist“ in seinem Herzen bewusst wird.
Jede zusätzliche Gebetshandlung sollte auf die bisher beschriebene Art und Weise vollzogen werden. Wenn man die Gegenwart des intimen Gesprächs mit seinem Herrn verlassen will und in die Gegenwart des Menschseins zurückkehren will, gibt man ihr die gute Nachricht der Sicherheit und der Vergebung mit den Worten „Friede sei mit dir“. Denn es ist der Eine, der uns Frieden gibt, indem Er uns Sicherheit gewährte vor dem, was wir von ihm fürchten. Dann sollten wir den tiefen Bedeutungen der Erinnerungen und Bittgebete folgen, die nach dem Ende des Gebets etabliert wurden.
Nachdem man auf diese Art betet und Kopflosigkeit und geistige Abwesenheit nach den besten eigenen Möglichkeiten vermeidet, sollten man auf die beste Art und Weise gegen das eigene Selbst und den eigenen Schaitan kämpfen, selbst wenn es nur für 40 Tage ist. Dann wird sich das Herz an all dies gewöhnt haben und alle teuflischen Einflüsterungen werden durch das Mittel des Geschenks von Allah und Seine göttliche Unterstützung verschwinden. Allah, der Erhabene, sagt: „Diejenigen, die sich auf Unserem Weg bemühen, Wir werden sie auf unseren Wegen rechtleiten. Wahrlich, Allah ist mit den ausgezeichneten Leuten.“
Diejenigen unter den einfachen Muslimen und den Nichtarabern, die nicht die Bedeutungen der im Gebet rezitierten Verse kennen, sollten sich nach der Reinigung bemühen, die Bedeutung jeder rezitierten Redewendung zu verstehen. Sie sollten sich bemühen, alle Kopflosigkeit in sich solange zu verdrängen, bis sie ihr Bestes getan haben. Gleichermaßen muss die Gelehrten über das befragen, was im Gebet rezitiert wird. Dies sollte Schritt für Schritt gemacht werden, bis man begreift, was Allah für einen an Wissen bestimmt hat. Denn die Suche nach Wissen von dem, was wir erwähnt haben und die aufrichtige Bemühung, danach zu handeln, ist die Pflicht eines jeden Muslims.