„Die täglichen grenzüberschreitenden Geldbewegungen sind heute 25 mal größer als die grenzüberschreitenden Güterbewegungen. Geld wird nicht mehr nur als Transaktionsmittel benutzt zum Zwecke der Finanzierung, sondern Geld wird gehandelt wie eine eigene Ware.“ Alfred Herrhausen (1930-89)
Das etwas mit unserer globalen Wirtschaft falsch läuft zeigen viele Meldungen dieser Tage. Rund sechs Millionen Kinder und Jugendliche sind nach Angaben des Kinderhilfswerks terre des hommes Opfer von Sklaverei. Zwangsarbeit, Schuldknechtschaft und Menschenhandel ermöglichten Geschäftemachern internationalen Studien zufolge jedes Jahr einen Profit von mehr als 40 Milliarden US-Dollar, teilte terre des hommes beispielsweise letzten Freitag in Osnabrück mit. Die meisten Zwangsarbeiter leben den Angaben zufolge in Indien, Bangladesch und Pakistan.
Der Regisseur Erwin Wagenhofer kommt in seinem Dokumentarfilm We Feed The World zu folgendem Schluss: „Wir sind alle für dieses System verantwortlich“.
Die Dynamik des entfesselten Kapitalismus verändert unser aller Lebenswirklichkeit. Aspekte das Problem zu beleuchten gibt es viele. Dass auch mit unserer Nahrung manches nicht stimmt, zeigen die neuesten Skandale – BSE etwa war eine Krankheit bei Schafen, die bei Rindern ins Hirn wanderte, nachdem diese mit gemahlenen Schafen gefüttert worden waren. Der österreichische Regisseur blickt nun in seiner Dokumentation We Feed The World hinter die Kulissen.
Die Motivation für den Film erklärt er wie folgt:
„Ich definiere mich als politischen Menschen und wollte einen Film über den Zustand unserer Gesellschaft machen. Und zwar anhand von Dingen, mit denen wir im Alltag direkt zu tun haben. Nahrung bietet sich da an. Über Kleidung hätte man einen ähnlichen Film machen können. Die Globalisierung, die ja schon so alt ist wie Kolumbus, tritt in eine neue Phase. Von der terrestrischen hin zu einer sphärischen Form der Globalisierung, wie der Philosoph Peter Sloterdijk es formuliert. Diese Umbruchsituation bringt es mit sich, dass wir Freiheiten verlieren, die wir uns über Jahrhunderte erkämpft haben.“
Wagenhofer glaubt – wie viele Muslime auch – nicht mehr an den freien Markt, der längst durch monopolisierte Distribution abgelöst sei:
„Es wird viel vom freien Markt geredet, aber eigentlich haben wir es mit einer Monopolisierung zu tun. Die 50 größten Konzerne machen die Planwirtschaft für die ganze Welt. Wir haben doch schon erlebt, dass Planwirtschaft im Osten nicht besonders erfolgreich war, und jetzt sollen die Planwirtschaften im Westen erfolgreicher sein? Die Konzerne wollen keinen freien Markt, sie wollen den Markt dominieren. Wenn der reichste Mann der Welt, Bill Gates, 90 Prozent der Computerwelt beherrscht, dann hat das mit Freihandel nichts zu tun.“
Es ist interessant, dass die Lehre des Islam, so auch das islamische Recht, dem Kapitel „Wirtschaft“ extrem große Aufmerksamkeit widmet. Um nur ein Beispiel zu nennen: Es gilt ein Grundprinzip im Marktrecht des Islam: Niemand hat – genauso wie in der Moschee – einen Anspruch immer wieder einen bestimmten Platz auf dem Markt (oder in der Moschee) zu besetzen. Der Markt wird daher immer wieder frei geräumt und sicher gestellt, dass jeder (und damit möglichst viele Anbieter) einen gleichberechtigten Zugang zum Markt hat. Das ist das islamische Verständnis der „freien Marktwirtschaft“.