Spiele der deutschen Nationalmannschaft sind Festtage, vor allem wenn es gegen so übermächtige Gegner wie Malta oder die Schweiz geht. Natürlich sitzt da auch ein deutscher Staatsbürger muslimischen Glaubens vorm Fernseher und fiebert mit. Und zwar nicht mit den türkisch-muslimisch-schweizerischen Yakin Brüdern sondern natürlich mit Rudis Deutschland. Fußballfeste sind – zum Glück – die letzten nationalen Großereignisse.
Zur Pause kommt wie immer für die Millionen Fußballbegeisterte das heute-journal. Die lockere Stimmung kippt diesmal schnell. Fußballfans sind auch Autofahrer und das Heute-Journal stochert routiniert in der Wunde: Saudi-Arabien, Araber, Ölkrise, Autofahren, Benzinpreise, Terrorismus, Islam. Vor dem Fernseher, stelle ich mir vor – die deutschen Fußballfans. Sie legen ihre Fahnen weg, denken an Benzinpreise, den Urlaub, die Leasingraten. Mich fröstelt ein wenig. Unter uns gesagt, die nationalistischen Zeiten wo die Deutschen fürs Vaterland in den Krieg zogen, da lege ich für meine Landsleute die Hand ins Feuer, sind längst vorbei, nur – wenn es ums deutsche Auto geht?
Auch der heute-Moderator (der, desssen Namen man immer vergisst) wirkt ebenfalls angeschlagen. „Geht denn Demokratie ohne Öl?“ scheint er sich zu fragen. Dann wechselt er und das heute-journal schnell die Ebene. Es wird aber nicht weniger ernst. Wir gehen mit dem ZDF in unsere Hauptstadt der Nation, da wo so viele Türken wohnen: Religion, Schule, Eltern, Kinder, Kopftuch, Islam. Der Clip hat es in sich, obwohl er in Länge und Tiefe eher wie ein FDP-Europawahlkampfspot wirkt. Es geht um Schwimmunterricht, Sicherheitslage und islamischen Religionsunterricht.
Wir Fußballfans sitzen nun plötzlich in einem Klassenzimmer in Kreuzberg wo eine Frau mit Tuch uns mit „as-salamu´alaikum“ begrüßt. Ja wo sind wir denn? Ah, da kenn ich sogar einen: Burhan Kesici von der Föderation darf zwei lange Drittel eines potenziell ganzen Satzes in die Kameras sagen. Schnitt. Er plädierte – glaube ich noch zu hören (es ging so schnell)- in der Sache für „unschuldig“. Ich habe so meine Zweifel, ob er damit auf Dauer durchkommt.
Wenn ich es richtig verstehe, will das ZDF nicht, dass türkische Eltern einfach so ihr Erziehungsrecht ohne uns ausüben, so ganz ohne staatliche Kontrolle. Steckt da nicht auch Kaplan dahinter? Die Lösung ist simpel, volksgerecht und erinnert an die DDR: Erziehungsfragen sind Staatsfragen, basta! Wofür haben wir denn einen großen guten Staat? Puh, genug der Bilder, ich sehne mich so langsam wieder nach Rudi und Franz zurück. Aber da sind ja noch die Börsenachrichten, inklusive steigender Wasserstände der Kriegsgewinnler und Ölbarone.
Ich schalte zu n-tv und Sandra Maischberger. Wieder geht es ernst zu. Sie fragt: „Ja, was hieße denn für uns eine Welt ohne Öl?“. Atemlose Stille im n-tv Studio, auch ich halte den Atem an, die sonst so energiehungrige Welt steht für einen Moment still . Dann lächelt ihr Gesprächspartner, der Journalist Franz Alt, in die Stille hinein und sagt es. Und er sagt es ruhig. „Die Sonne“. Er lächelt, Frau Maischberger lächelt. Im Studio riecht es plötzlich nach Räucherstäbchen. „Die Sonne“ sagt Alt „wird uns am Ende retten“.
Zurück zum Zweiten. Franz Beckenbauer bleibt, wie immer unabhängig vom Spielstand gelassen: „Schaun wir mal“ (deutsch für „wenn Allah will“) sagt der Kaiser. Unser Kaiser wirkt wie ein sonnengebräunter Philosoph. Endlich wieder zurück in Basel.