Die Frage nach der Macht nationaler Demokratien wird immer wieder gestellt. Lässt sich der heutige globale Kapitalismus noch mit demokratischer Repräsentation verbinden? Für viele Europäer ist die Antwort nein. Ökonomische Grundentscheidungen von IWF oder WTO sind strukturell nicht demokratisch verfasst.
Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) steht bekannterweise dem Verhältnis von Politik und Wirtschaft vor dem Hintergrund der Globalisierung durchaus kritisch gegenüber. Im Manuskript zu einer Rede an diesem Montag, das wohl der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) vorliegt, warnt der Bundesarbeitsminister davor, dass die Politik ihre Vorrangstellung gegenüber der Wirtschaft verlieren könnte.
Die weltwirtschaftliche Entwicklung nehme keine Rücksicht mehr auf nationalstaatlich verfasste Politik, heißt es in dem Redemanuskript laut Zeitung. „Das Kapital ist längst weltweit unterwegs, und die globale Werkbank ist Realität. Die Politik muss um ihren Primat kämpfen.“ Die Märkte seien über die nationalstaatlichen Regulierungsrahmen hinausgewachsen «und potenziell ungehemmt und ohne soziale Regeln». Müntefering sieht den Angaben zufolge die entscheidende Aufgabe Europas darin, dass die Politik „der Demokratie und der sozialen Idee international Gestaltungskraft erkämpft“. Europa dürfe sich nicht „gegenseitig in die Knie konkurrieren durch Steuer- oder Lohndumping“. Wie dieser Kampf „genau“ organisiert werden soll bleibt verschwommen.
Die laut FAS von Müntefering vor der Friedrich-Ebert-Stiftung geplanten Äußerungen erinnern an die Kapitalismus-Debatte vor gut einem Jahr. Der damalige SPD-Vorsitzende Müntefering hatte im April 2005 eine heftige Diskussion ausgelöst, als er sagte, manche Finanzinvestoren fielen „wie Heuschreckenschwärme“ über Unternehmen her, grasten sie ab und zögen weiter.