„Durch Menschen bewegen sich Ideen fort, während sie in Kunstwerken erstarren und schließlich zurückbleiben.“ Joseph Beuys
Wie schon im letzten Jahr haben wir in Köln Ehrenfeld einen muslimischen Markt, zugunsten der bosnischen Gemeinde, organisiert. Das Projekt ist im Grunde eine Art soziales Experiment: kann der Markt Harmonie stiften zwischen Muslimen, Nichtmuslimen, Händlern, Musikern, Nachbarn? Die Antwort ist ja. Im Vorhof der bosnischen Moschee treffen sich zwar naturgemäß keine Menschenmassen, aber immerhin, eine soziale Plastik entsteht. Die Moschee, sonst ein isoliertes Objekt, eröffnet einen neuen Kontext. Das Zusammenleben funktioniert, weil jede(r) Beteiligte sich einfügt, manchmal auch zurücknimmt, und – es ist ja kein Gedankenexperiment – sich so ein Ganzes zusammenfindet.
Überraschend ist das nicht. Die Moschee war ja immer mehr als nur ein sakraler Prachtbau, sondern mehr oder weniger der Mittelpunkt eines sozialen Geschehens, den Gläubige, Suchende, Kinder, HändlerInnen, Käufer, Sterbende und Lernende bilden. Dabei ist bei unserem Markt schnell klar, dass es die Frauen sind, die das Geschehen nicht nur aktiv mitgestalten, sondern auch mitorganisieren. Dieses Grundphänomen lernt auch, ohne große Worte, meine kleine Tochter Ruqayya, die Milchshakes verkauft. In einem kleinen Kästchen verwahrt sie stolz die Erlöse. Auf meine Frage „wie es denn lief“ bekomme ich nur ein verschmitztes Lächeln zur Antwort.
Auch unsere Musiker gehören dazu. So hat sich zum Beispiel ein Percussionist eingefunden, der normalerweise vor Tausenden spielt und heute, ganz bescheiden, eben nur einfach so. Die Musiker sind wichtig, weil sie es heute sind, die zu vielen Jugendlichen ein kleines Türchen offen halten. Zu einem bunten Markt gehört das Zulassen einer Organik dazu, die sich nicht nur in Regeln fassen lässt. An den Markttagen wird das bunte Treiben nur durch den Gebetsruf unterbrochen, die HändlerInnen verlassen ihre Stände und wenden sich für einen Moment der anderen Ordnung zu. Dieses andauernde Spiel zwischen Mensch und Schöpfer gehört zur Faszination des Islam.
Auch dieser kleine Markt ist, in Zeiten, da es kaum noch „freien“ Markt, sondern vielmehr zentralisierte Distribution gibt und Börsianer angesichts der Lawinen spekulativen Geldes „beten“ lernen, natürlich nicht eine Lösung. Er regt aber durchaus das Denken an. Könnte unsere soziale Existenz doch eine Harmonie finden zwischen dem Bedürfnis nach Wohlstand, Eigentum und sozialer Gerechtigkeit? Zumindest eine erste Einsicht liegt nahe. Unser eigentliches Kapital – so hat es ja auch Joseph Beuys gelehrt, sind Menschen.